Montag, 30. April 2012

Wie verkauft man eigentlich?


Berlin Moabit, den 30.04.2012

Ich persönlich bin der Meinung, dass sich jeder Mensch möglichst lebenslang bilden sollte. Wenn ich in 30 Jahren in Rente gehe, werde ich mich sicherlich als Gasthörer an einer Universität einschreiben. Ich werde vielleicht Kriminologie studieren, mich als Privatdetektiv selbständig machen und wie Phillip Marlowe Morde aufdecken. Mit 105 Jahren werde ich mich dann zur Ruhe setzen, da es wegen des demographischen Wandels dann keine Gewaltverbrechen mehr geben wird.

Hier und heute liebe ich es, wenn mir jemand etwas erklärt, ich das Erklärte verstehe und dieser berühmte Aha-Effekt eintritt. „Aha, deswegen sind die Knöpfe bei Damenblusen auf der falschen Seite angenäht!“ Solchen Erkenntnisgewinn gönne ich Jedem.

Heute bin ich Vertriebsberater. Ich verkaufe und helfe beim Verkaufen. Da sollte ich das Metier zumindest ein wenig verstehen. Ich habe an Verkaufstrainings für unterschiedlichste Zielgruppen teilgenommen und gebe dieses Wissen gerne weiter. Es gibt gefühlte 20.000 Ratgeberbücher über Sinn und Wesen des Verkaufens, des Marketings oder der Psychologie des Konsumenten (oder des Einkäufers). Ein Buchtitel kann einen magischen Reiz auf mich ausüben: „Die besten Tipps der Verkaufsprofis“, „Verkaufspsychologie in 7 Bänden“ oder ebenfalls fiktiv „Das Ich stärken! Ihr Weg in die Spitzenliga des Verkaufs“.

Ein Verkaufsgespräch ist ja eigentlich ziemlich simpel, wenn ich weiß, dass ich verkaufe und der nette Mensch mir gegenüber genau das auch weiß oder auch nicht.

Das Lesen dieser Ratgeber führt bei mir seit Jahren regelmäßig zu krisenhaften Zuständen. Schwarz auf Weiß werden mir die 25 Wege der Einwandsbehandlung aufgezeigt und ich reagiere mit Verzweiflung. Nachfolgend erscheint mir der Mensch, den ich noch vor einer Woche als sehr sympathisch empfand, nun als Feind. Formuliert mein Gegenüber jetzt einen Einwand oder einen Vorwand? Was war jetzt nochmal der Unterschied? Oder bin ich schon bei der „Hochzeit“ und bereite den „Abschluss“ vor? Spontan reagiere ich eingeschnappt. Dieser Kunde kauft eh nicht und ich habe offenbar Weg Nummer 23 vergessen. Ich werde von dieser Person auf die Probe gestellt, stelle mich erst einmal taub und setze ein eher unfreundliches Gesicht auf. Buddy, wir alle begegnen uns zweimal im Leben!

Ein von mir wirklich geschätztes Buch beschäftigt sich mit Verkaufsstrategien für Freelancer. Fürsorglich widmet sich die Autorin möglichen schwierigen Zeiten des freiberuflichen Daseins. Es soll dann notwendig sein, in solch schlechten Zeiten persönliches Hab und Gut zu veräußern, um eine Durststrecke zu überwinden. Dieser Ratschlag war in meinem Falle kontraproduktiv. Ich stellte meine Tätigkeit für einen Monat ein. Panik ergriff mich und ich erstellte Listen mit Gegenständen aus meinem Besitz, die ich offenbar alle zur Pfandleihe würde tragen müssen. Eine solche Zukunft kann nicht lebenswert sein. Gott, meine Jacht! Ich war bei Pro Aurum und ließ meine Goldketten taxieren!

Aber auch die Daseinsfürsorge ist grundsätzlich simpel. Man sollte mehr einnehmen, als man ausgibt. Es lohnt sich Folgeaufträge durch gute Arbeit zu erlangen. Und, man sollte Krisen vermeiden. Scheidungen oder schwere Unfälle sind zu vermeiden.

Natürlich war dieser Post bisher ironisch angelegt! Drei definitive Literaturempfehlungen habe ich, welche ich jedem Vertriebler an’s Herz legen möchte. Damit komme ich auf die Titelfrage zurück. Es geht um einfache Grundtugenden.

Dale Carnegie hat bereits im Jahr 1936 ein Buch mit dem Titel „How to Win Friends and Influence People“ veröffentlicht. Carnegie gibt – sicherlich „typisch amerikanisch“ – Tipps zum Umgang mit Menschen. Er ist da völlig pragmatisch. Und er betrachtet nicht die 25 Wege des Verkaufsgespräches! Er widmet sich eigentlich den Grundtugenden des Menschen. Höflichkeit, Freundlichkeit und Buhlen! Wenn man die heutige Ratgeberliteratur durchgeht, dann stößt man inhaltlich (oder sogar in der Wortwahl) direkt oder indirekt immer auf Carnegie, ohne dass selbiger jedesmal zitiert würde.

Erving Goffman hat sein Buch „Wir alle spielen Theater“ im Jahre 1959 veröffentlicht. Er zeigt auf, wie Menschen allein, in Gruppen oder Hierarchien auftreten. Das Buch war für mich sehr schwer zu lesen! Die Sprache ist bleiern! Eigentlich beantwortet dieses Buch aber zum Beispiel, warum Unternehmensberater benötigt und ungeliebt sind. Es liegt eventuell schon an der Kleidungswahl. Auch Goffman wird selten zitiert.


Ein Buch, dass niemand verschenken sollte, bevor er oder sie es gelesen hat, ist von Richard Wiseman (Toller Name! Warum heiße ich eigentlich Hofmann?). „Quirkologie“ bietet jedem Verkäufer genug Ideen, um verwirrt zu werden. Es liefert Wissen und Anekdoten über menschliches Verhalten. Damit (und mit den Literaturverweisen – zwecks weiterer Recherche) kann man punkten. Das Buch ist von 2007.


Beste Grüße, Frank Hofmann

Freitag, 27. April 2012

Schlechtes Benehmen!

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, Donnerstag 26.04.2012


Gestern abend fand im Rahmen der Deutsch-israelischen Kulturtage "beziehungsweise(n)" in der Böll-Stiftung eine wunderbare Lesung statt.

Ich persönlich war müde und zu früh vor Ort und daher nicht aufmerksam. Um mir meine Hände zu waschen, begab ich mich zu den Toiletten. Ein asiatisch aussehender Mann ließ mir mit äußerster Höflichkeit den Vortritt am Waschbecken.
Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, wusch ich mir ohne jeden Dank die Hände. Wahrscheinlich stufte ich den Mann als zum Putzpersonal zugehörend ein.

Im ersten Stockwerk betrachtete ich  mir anschließend die Bilder einer Ausstellung mit dem Thema Krieg in Nordost-Indien. Ich bemerkte, dass neben den Literaturtagen auch noch eine Tagung auf der gleichen Etage stattfand. Es ging um die Entwicklung der Demokratie in Myanmar. Ich erblickte den freundlichen Mann.

Da reist ein freundlicher, höflicher Mensch vielleicht um die halbe Welt, um in Berlin an einer Tagung teilzunehmen und trifft auf mich und trifft vor allem auf mich mit unhöflichen Manieren.

Das war sehr peinlich!