Samstag, 18. September 2021

NATO? Sicherheitsgarantie für Europäer zukünftig nur noch eingeschränkt

Sicherheit und wirtschaftliches Wohl der Bundesrepublik Deutschland stehen auf zwei Eckpfeilern: NATO und Europäische Union. Es droht leider Ungemach.

 

Unter Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher erschienen Sicherheit und Prosperität Deutschlands und Europas in Stein gemeißelt. Wer Mitglied der Europäischen Union war oder werden würde, dessen Sicherheit war quasi auf ewige Zeiten gesichert. Grund dafür waren die eindrucksvollen Machtverhältnisse. 


„Schematische Darstellung eines Jagd-U-Bootes der französischen Marine“ (Quelle: Wikipedia / Author: Rama / Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 France)

 

Die NATO war das stärkste Militärbündnis weltweit. Seit 1993 hatte die EU den Binnenmarkt geschaffen. Die EU – Osterweiterung war eingeleitet worden. Es erschien klar, daß jedes Mitgliedsland der EU dauerhaften Schutz genießen würde. Zwei Mitgliedsstaaten waren Atommächte. Fast alle Mitglieder der EU würden auch Mitglieder der NATO sein.

 

Diese sicheren Zeiten sind vorbei. Am 28.05.2017 hielt Angela Merkel eine Bierzeltrede und äußerte den bemerkenswerten Satz: „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück weit vorbei und deshalb kann ich nur sagen, wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in die eigene Hand nehmen.“ In Berlin war man erschrocken ob der eindeutigen Worte. Diese waren eine Antwort auf den zentralen Politikansatz von Präsident Donald Trump: "America First". Ein Jahr zuvor hatten die Engländer für den Brexit gestimmt. Bei Veranstaltungen der politischen Stiftungen der Parteien wurde in Berlin ungläubig der „Untergang des Westens“ herbei menetekelt.

 

Mittlerweile zeigt sich, daß die Grundpfeiler deutschen Wohlbefindens tatsächlich unstabil geworden sind. Die Machtverhältnisse haben sich weltweit verschoben. Und weder NATO noch Europa reagieren darauf gemeinsam oder geeint. Das Gegenteil ist der Fall. Alte Muster der Machtpolitik treten zum Vorschein. 

 

Der Brexit ist Paradebeispiel. Die Motive, für den Brexit zu werben oder zu stimmen, waren natürlich unterschiedlicher Natur. Dennoch darf man behaupten, daß viele Engländer nationalistische Motive hatten. Kampagnen pro Brexit richteten sich gegen die EU als „sozialistisch-kommunistische Nazi-Bürokratenhochburg“. Auffällig war, daß Abgeornete der Konservativen Partei von angeblichen Großvätern schwärmten, die in der Normandie gegen „die Deutschen“ gekämpft hätten. Der Brexit Vertrag zwischen der EU und the UK bleibt umstritten und unbefriedigend – insbesondere für die britische Wirtschaft. Keine Regierung in London wird die negativen Folgen hinnehmen wollen. Als Strategie bietet sich gegenüber der EU ein klassisches „divide et impera“ an. Und das kann funktionieren!

 

Die Europäische Union ist nicht nur durch den Brexit und den Verlust eines der wichtigsten Mitgliedsstaaten geschwächt. Dieser weltweit einmalige Staatenverbund leidet und strukturellen Schwächen, die schon alleine auf Grund der Größe und Diversität der EU stark zum Tragen kommen. Die Institutionen der Union (Kommission oder Parlament) haben nicht die Befugnis, um "gegen" einzelne Mitgliedsstaaten „regieren“ zu können. 

 

Wichtige Bereiche, wie Außen- oder Verteidigungspolitik verbleiben unter der Hoheit der Nationalstaaten – die rechnerisch vorhandene „Macht“ einer geeinten EU zerfasert. Zudem wurde in der Euro-Krise der Ansatz gewählt, Probleme nicht über die Institutionen und Mechanismen der EU selbst zu lösen: die Staaten der Eurozone agieren quasi außerhalb der EU auf Regierungsebene. 

 

Sehr schwer wiegt, daß in Ländern wie Polen oder Ungarn ein Demokratieverständnis vorherrscht, welches seine Vorbilder möglicherweise im Russland von Wladimir Putin („gelenkteDemokratie“) oder auch bei Republikanern in manchen Staaten der USA sucht. Hier einen Konflikt auf die Spitze zu treiben, bleibt von Erfolgen unbelohnt und ist schlicht unmöglich! Der Nationalstaat USA hält solche dauerhaften Konflikte nur unter Schmerzen aus und durch. Die EU bleibt hier überfordert; sie ist kein Nationalstaat. Mächte, wie Russland, China, die USA und zukünftig England werden an etwaigen Bruchlinien Keile eintreiben.

 

Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten tatsächlich ihr „amerikanisches Jahrhundert“! Beginnend nach dem Ende des Bürgerkriegs überstieg die Wirtschaftskraft der USA die der europäischen Staaten ab ca. 1870. Damals war fast jeder Quadratmeter weltweit von europäischen Waffen erobert worden. Nach dem Ersten Weltkrieg waren dann die USA die größte Gläubigernation des Planeten. Der Dollar löste das britische Pfund als Leitwährung ab. Diese Nation kämpfte mit Waffen, reiner Industriekraft und einer von „Null auf gleich“ aufgebauten Streitkraft im nächsten Krieg sowohl Deutschland als auch Japan nieder.  
 
Und die USA haben sich seitdem immer so verhalten, wie das als Muster im Verhältnis der europäischen „Großmächte“ zueinander oder gegenüber Dritten über Jahrhunderte zu erwarten gewesen war: „Krieg ist eine Erweiterung von Politik“ und „Wer einen großen Hammer hat, der sieht nur noch Nägel“!

Die Vereinigten Staaten haben kein Imperium, sie sind aber Hegemon der „westlichen Welt“. Sie sind eine atlantische und eine pazifische Macht. Und das hat immer Geld, Wirtschaftskraft und Blut gekostet! Die USA haben ihren Bündnispartnern immer Zugang zu ihrem eigenen gigantischen Binnenmarkt erlaubt: weder Japan, noch Deutschland wurde der Zugang verwehrt! Deutsches Wirtschaftswunder und Exportwirtschaft lassen grüßen.

 

Die Unterstützung der USA für die Europäer und für die Europäische Union war immer gegeben. Sie blieb es, bis Präsident Donald Trump die EU als "Feind" (Foe) bezeichnete und von Deutschland quasi Reparationen wegen zu niedriger Militärausgaben über 30 Jahre hinweg und zu vieler Mercedes Benz - Automobile in New York kasteite. Das sind auch Sachargumente. Und die werden bleiben! Eine Konfrontation mit Rußland werden die USA eher nicht mehr für deutsche Trittbrettfahrer ausfechten. Das ist kein böser Wille: die Europäer hatten ausreichend Zeit, so auch die Regierung Merkel nach 2017. Die Machtverhältnisse haben sich geändert! 

 

Man starre auf Ziegen, äh Zahlen:  


„Zahlen in Billionen $“ (Datenquellen: Statista / IMF / Sipri / eigene Recherche) "PPP" bedeutet "kaufkraftbereinigt"

 

Und deswegen ist das in dieser Woche verkündete AUKUS – Bündnis zwischen den USA, Großbritannien und Australien so ernüchternd für deutsche „Sicherheitsstrategen“! Wie heißt nochmal der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen der jede zweite Wahl verloren hat? Sigmar Gabriel durfte jedem erzählen, daß er nicht wüßte, wo man die „ganzen Flugzeugträger“ unterbringen könnte, wenn Deutschland das „Zwei Prozent – Ziel der NATO“ erreichen wollte. Da hat er recht insofern, daß Deutschland sich nicht einen einzigen Flugzeugträger leisten könnte – zu wenig monetäre Mittel!

 

Wer vom Berliner Tagesspiegel hofiert wird, der darf von den USA völlig ignoriert werden! Nicht ignorieren kann es eine amerikanische Regierung, daß sich die Machtbalance in den nächsten 20 Jahren zu Ungunsten der USA verändern wird: und zwar dynamisch!  Washington konzentriert sich auf den neuen Rivalen China! Der wird als aggressiv wahrgenommen und als gefährlich. Und dieser Gefahr werden andere Interessen untergeordnet: nicht mehr eine Sowjetunion droht, ganz Eurasien unter seine Kontrolle zu bringen – heute ist China theoretisch dazu in der Lage. Und China und Russland haben zusammen Militärausgaben, welche die Ausgaben Amerikas in Zukunft deutlich übersteigen können.

 

Darauf gibt das   AUKUS-Abkommen eine Antwort mit neuen Allianzen für die USA. Die USA fokussieren ihre Anstrengungen immer mehr auf den Pazifik. Und Frankreich, Mitglied der EU wird eskalpiert. Dahinter steckt eine Botschaft: „Europäer kümmert Euch um Eure regionale Sicherheit selbst! 


Schön, daß das im Bundestagswahlkampf keine Sau interessiert!

 

 


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