Kaum hatte also Premierministerin Theresa May den Brexit bei der EU-Kommission beantragt, schon zeigten sich platzende Risse in der Pokerface-Fassade der britischen Regierung.
Dieses Gerede von „no deal is better than a bad deal“ soll selbstbewußt
klingen. Es befriedigt die Phantasien der konservativen Brexit-Medien wie dem Telegraph, der Daily Mail oder der Sun. Und
es entspricht den Wahlkampf-Idiotien der Brexit-Hasardeure „Bobtail“ Johnson,
dem Biertrinker und den anderen Karrieristen und damit den – leider falschen
Vorstellungen – der Pro-Brexit-Wähler.
Dass aber die konservative Regierung und die konservative
Presse sehr wohl wissen, was da alles auf dem Spiel steht, das kann
man längst daran erkennen, dass Theresa May und der Bobtail längst von Kernversprechen
des Brexit-Lagers abrücken. Eine Freizügigkeit für EU-Bürger „könnte“
bleiben. Die Verhandlungen „könnten“ länger dauern. Die Rechtsprechung
der EU-Gerichte „könnte“ weiterhin gelten.
Wer da klar weiterdenkt, "könnte" ein Verhandlungsdesaster für „Global“
Britain voraus sehen, welches man nicht beschreiben möchte. Die Wirtschaftsverbände
der Insel werden zunehmend deutlich mit ihren Panikäußerungen. Allen Ernstes wird schon einmal diskutiert, ob man
den Brexit-Antrag nicht auch einfach zurücknehmen könnte. Und
das könne doch vielleicht irgendein oberstes britisches Gericht beschließen. (Welches
nur leider keinerlei Relevanz „auf dem Kontinent hat!)
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Die Royal Navy siegt "The Battle of Trafalgar (1806)" (Artist: J. M. W. Turner) |
Wohin Panik führen kann, das konnte man erschreckend schnell und
deutlich an der Kriegsrhethorik gegenüber Spanien erkennen. "Die Royal
Navy schützt Gibraltar". Vorgebracht von einem ehemaligen Parteichef der
Konservativen Partei. Das gleicht einem politischen Delirium. Man stelle sich
vor: Helmut Kohl gibt ein Interview und droht Little England mit einer erneuten
Schlacht um England. Man faßt sich an Stellen, wo andere nicht hin fassen
dürfen. Allerdings darf man diese Kriegsrhetorik auch als berechnend
bezeichnen. Theresa May hat bereits dreimal Militär und Sicherheitsaspekte
als Pfund bezeichnet, mit dem die Regierung ihrer Majestät wuchern will.
Hierin, in der Panik oder auch in dieser Berechnung, welche die
verantwortlichen Karrieristen in London antreibt, begründet sich ein Problem
einer alten, aggressiven Geisteshaltung. Die Europäische Union steht seit
70 Jahren für ein fundamental neues Prinzip europäischer Politik. Nicht
mehr Mächte kämpfen gegen Mächte, bilden Koalitionen, ziehen gegeneinander ins
Feld und betreiben Machtpolitik. Sondern im Rahmen der EU wird ein
Interessenausgleich im Kompromiss vollzogen. Dieses Prinzip war auch der
Grund dafür, dass es bisher kein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“
gab. Es gab immer nur Ausnahmen!
Aus Karrierestreben heraus haben Angehörige der englischen Oberschicht
die Büchse der Pandora – wenn auch noch so klein – geöffnet. Dies
erklärt sich, wenn man von „Englishness“ faselt, sich auf einer kleinen Insel
in der Nordee seit 1066 sicher fühlt. Dies erklärt sich, wenn man als Mitglied
der Oberschicht schlicht nicht fallen kann. Der Bobtail war und ist in England
als „Clown“ bekannt, als Hofnarr. In der britischen Regierung wollte man ihn
keinesfalls sehen, also wurde er Bürgermeister von „Global“ London. Und jetzt
also Außenminister.
Eine solche Geisteshaltung wird man in Polen oder Ungarn nicht
finden. In Polen huldigt man einem „Selbstaufopferungsmythos“. In Ungarn
wird wahnhaft versucht die eigene „Einmaligkeit“ darauf zurück zu führen, dass
man Nachfahren der Hunnen sei. Somit ist es unklar, ob die Regierungen dieser
beiden großen Nationen verstehen, dass die Büchse der Pandora offen ist. Es
bestehen Zweifel, ob beide EU-Staaten verstehen, was auf dem Spiel
steht!
Weil London das Machtspiel androht und weil Polen und Ungarn
schlicht keine verläßlichen Partner innerhalb der Europäischen Union
sind, hat Kanzlerin Merkel das Europa der „unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ zugelassen. (Helmut Kohl hätte zu seiner
Zeit alles versucht, das zu verhindern. Er gab Maggie Thatcher, was sie wollte
und Mitterand, was der brauchte. Helmut Kohl mußte allerdings kein
Brexit-Referendum erleben. Daran wäre er mit der damaligen Politik gescheitert.)
Kanzlerin Merkel hat vorgesorgt. Sie tat und tut das in Absprache
mit Brüssel und allen EU-27 – Partnern. Sie versucht schlicht,
Europa und Deutschland für die sich unangenehm deutlich abzeichnende „neue“
Welt der Machtpolitik, der Koalitionen abzusichern. Das ist die
entscheidende Motivation für eine 17te, äh, vierte Amtsperiode anzutreten. Sie
will Europa krisenfest machen – und damit Deutschland.
Mir persönlich
bleibt es unklar, ob dem Bobtail eigentlich bewußt ist, was er da angerichtet
hat. „The UK“ ist momentan für Berlin und für Brüssel vergleichbar mit Putin,
Erdogan oder Trump.
Take WTO – Rules ... ... ...
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