Freitag, 29. November 2013

Outbounder vs. Verkäufer

Das Arbeitsamt “nordet” es ein: Wer am Telefon verkauft, der ist ein “Outbounder”! Wer Techniken der Kaltakquise beherrscht, der möge da achtgeben!

Die Kaltakquise ist die Königsdisziplin des Vertriebs! Kalt bedeutet, dass der Kunde von seinem Glück noch wenig weiß. Akquise bedeutet, dass er zahlender Kunde werden soll. Endverbraucher als Kunden darf man in Deutschland nicht einfach so anrufen. Mögliche Firmenkunden aber sehr wohl.

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"Auch Scharfrichter hatten ein Fixum!"
(Quelle: Wikipedia / Autor: William Thomas Saunders / Lizenz: public domain)
Marketingabteilungen adressieren ständig mögliche Neukunden und bereiten die Akquise vor. Da werden „geldwerte Pakete“ geschnürt, „Adressen“ möglicher Kunden „erworben“ und vertriebliche Aktivitäten gesteuert. Leider können Marketingfachmenschen im Normalfall nicht selbst verkaufen. Sie haben schlicht oft Angst davor, beim Kunden zu versagen.

Daher verlassen sich Marketingverantwortliche bei der Kaltakquise gerne darauf, dass man Adressbestände in der „brute force“ Methode von „Call – Center – Agents“ anrufen läßt! Das sind dann tatsächlich Outbounder! Die rufen HundertPlus Telefonnummern am Tag an, sagen einen Spruch auf, haben Schulungen durch grenzdebile Vertriebsberater und deren „Adler“ durchlitten und haben eine statistische Abschlußrate von vielleicht 1%! Man kann diese Form der „Akquise“ auch so verstehen, als würde das Internet mögliche Kunden mit einer Automatenstimme selbst anrufen. Roboter ruft Kunden an und will dessen Geld.

Anders sieht das aus, wenn man versteht, dass auch in Zeiten des Internets Kunden immer Menschen sind und die Marktwirtschaft immer noch auf den alten Wochenmarkt schaut, wo Menschen mit Menschen reden und diskutieren, verhandeln und ihren Charme einsetzen können.

Genau dann findet tatsächlich erfolgreiche Kaltakquise statt! Weil! Wer ist eigentlich zeichnungsbefugt, um einen Auftrag abzeichen zu können? Wer ist genau diese Person? Und wie tickt diese?

Die (bald ehemalige) Bertelsmann-Tochter inmedia ONE und all die erfolgreichen Finanzdienstleister und jeder erfolgreiche Internet-Seller, der zusätzlich noch einen vor Ort besuchbaren Shop hat, alle verstehen das Grundprinzip des Verkaufens! Das verstehen auch Verlagshäuser wie Haufe oder Reflex oder Inpact.

Plaziert man das eigene Produkt also nicht flächendeckend sondern „professionell kommunikationsorientiert“, so ist die Kaltakquise „für einen telefonischen Verkäufer “sofort lukrativ! (Der Setzer: Der Trick ist doch wohl klar, oder?)

Im „geldwerten Detail“ ist es absolut notwendig, den Preis zu beachten! Wer Produkte „um die 500€“ verkauft, der sollte schon 10% Provision erhalten! Aber nicht mehr! Wer kleinere Preise verkauft, der wird nichts erwirtschaften und bleibt ein Outbounder. Wer mehr einpreisen kann, der ist ein Verkäufer, der von weniger leben könnte und den Neid seiner Konkurrenten erleben darf. Also, hat ein Verkäufer das Fixum zu beachten und keine Angst vor „open end“ zu haben!

Die entscheidende Frage liegt in der Anzahl der Abschlüsse pro Monat in Multiplikation mit dem Bruttopreis! In manchen Firmen machen manche Vertriebler fünf Abschlüsse pro Monat á 1.400€! Andere Vertriebler machen mit anderen Produkten für ihre Auftraggeber weit über 120 Abschlüsse pro Monat á ca. 400€ pro Abschluß!

Wie berechnet sich dann ein Fixum? Es wird anfänglich immer zwischen 800 und 2.400€ liegen. Aber was soll man erwirtschaften? Was erwirtschaftet der Beste? Davon ein Drittel (versorgt das die Miete?) bedeutet 1.800€? Besser ist 2.100€! Das bekommt kein Outbounder, der vom Arbeitsamt vermittelt wird.

Mein Vater – vom langen Abschied der Wirtschaftswundergeneration

Moabiter Plaudereien; 29.11.2013

Wenn ich mir meinen achtjährigen Sohn anschaue und auf die 80 Jahre Leben meines Vaters zurückblicke, dann danke ich dem Herrn prophylaktisch für das reiche Leben, das dem Kleinen bevorsteht. Und ich bewundere und verstehe die Lebensleistung meines Vaters.

Mein Vater wurde im Jahr 1935 geboren.

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"1935 - Jahr der Nürnberger Rassegesetze"
(Quelle: Wikipedia / Autor: United States Holocaust Memorial Museum Collection / Lizenz: public domain)
Berlin war damals eine Viermillionen-Stadt und eine der am dichtesten besiedelten Metropolen der Welt. Mein Vater wuchs am Nollendorfplatz auf, damals ein enges Arbeiterviertel. Das Einkommen war immer schmal. Die Weltwirtschaftskrise lag nicht lange zurück. Das Leben war rau und von Walldorf- oder Montessori- Schulen hörte man noch nichts. Kinder wurden als Erziehungsmaßnahme nackt vor die Haustür verfrachtet, wenn sie nicht parierten. „Nackt habe ich Dich auf die Welt gebracht. Und nackt sollst Du gehen, wenn Du nicht hörst!“

Hitler tat sein bestialisches Werk und veränderte die Welt meines Vaters recht schnell und sehr einschneidend. Der Vater meines Vaters wurde eingezogen und fiel bereits 1939 während des „Überfalls“ auf Polen. Mein Vater wurde also im Alter von vier Jahren Halbwaise. Seine Mutter verblieb verwitwet mit zwei Mädchen und einem Sohn. Es gibt ein wunderbares Photo meiner Großeltern, das zwei lachende schöne Menschen zeigt. Perdú. Ich selbst habe auch die Mutter meines Vaters niemals kennengelernt. Sie verstarb Jahre vor meiner Geburt. Ihr Leben hatten andere für sie aufgezehrt.

Im Jahr 1941 überfiel Deutschland die Sowjetunion und die Familie meines Vaters durfte die Segnungen der Deutschen Aggression von da an weidlich weiterhin auskosten. Er selbst kam in die Schule. Ich habe nicht die Phantasie, um mir den Unterschied seiner zur Einschulung meines Sohnes 2011 ausmalen zu können. Mein Vater erlebte die Kinderlandverschickung und beendete seine Schullaufbahn schon 1950 mit einem Volksschulabschluß. Letzteres nagte sein ganzes Leben an ihm.

Als der Krieg im Jahr 1945 endete, da „hausten die Russen“ in Berlin. Laichen lagen in den Straßen. Die Schwestern waren gefährdet. Es gab damals keine Supermärkte und die hatten auch nicht geöffnet. Ein Zehnjähriger sollte die Familie „als Mann ernähren“! Und das versuchte der Kleine! Laichen hatten Uhren. In nicht ausgebombten Wohnungen gab es Buntmetall zu holen. Das konnte man auf dem Schwarzmarkt „verhökern“. Dafür mußte man nur an den Regenrinnen die Hausfassaden hochklettern: Quasi ein „Kinderspiel“! Das konnte dem einen oder anderen Delinquenten auch mal zwei Wochen Arrest einbringen. Mein Vater könnte also irgendwie sogar „vorbestraft“ sein. Nicht irgendwie sondern definitiv erwarb sich mein Papa den „Willen zum Mehr“! Und dafür mußte er schlau und wendig sein.

Mein Vater lernte, wie man Geld durch selbständige oder halbselbständige Arbeit verdient. „Flyer“ hektographieren, das war ein einträgliches Geschäft. Und es erlaubte meinem Vater mit Deutscher Mark in Ungarn einzukaufen. Klamotten, Schuhe, weiß der Geier … Ich selbst habe in den 80er Jahren als Teenager der Neuen Deutschen Welle nur allzu gerne seinen Wildledermantel, seine Wildlederjacke oder (mit Schmerzen) seine Wildlederschuhe aufgetragen. Ärmel zu kurz? Wen schert’s?

Ab den 1960er Jahren lebte mein Vater das Wirtschaftswunder. „Arbeit gab es überall. Wenn Du irgendwo weggehen wolltest, dann nahm Dich gleich die nächste Firma!“ Das mag sein! Aber, mein Vater war zudem halt schlau! Und fleißig! Und umtriebig! „Wirbel – Willi“ war sein Spitzname! Und man braucht auch mal eine Nase für die Zukunft! Also drängte seine Nase ihn in die Welt der Datenverarbeitung.

Mein Vater fing mit Lochkarten an und begleitete die Computerisierung der Deutschen Wirtschaft bis hin zum Einsatz von CRM – Systemen! Die Legende seiner Arbeitgeber ist so schlecht nicht: Deutsche IndustrieNorm (DIN), Gema, IBM, Schmalbach-Lubekaetc. und letztendlich die SAP. Und! Mein Vater hatte einen Mentor: „Herrn Doktor Weißkamp“! Wenn der nach ein paar Jahren anrief, dann war mein Vater zur Stelle und die Familie zog um. Es gab mehr Geld zu verdienen, was so schlecht nicht sein kann.

Ich kam in den Raum und da saßen nur Professoren!“ Das ist die Liebeserklärung, die mein Vater der SAP hinterläßt! Seine Volksschulbildung war irrelevant geworden! Sein intelligenter Einsatz für diese Firma ließ Ihn das erleben. Und nicht zuletzt dieser Einsatz machte aus der SAP der 80er Jahre den Weltkonzern SAP von heute.

Mein Vater hat beruflich alles erreicht, was man aus seiner Perspektive beginnend mit dem Jahr 1935 überhaupt nur erreichen konnte! Mein Vater verblieb auch immer „amerikanisch“ und verließ sich niemals auf „sozialdemokratische Systeme“. Geld wurde sein Hobby. Bis zum Jahr 2008, dem Jahr der Finanzkrise, gab es ja für Menschen mit €uros auch noch Zinsen.

Und das Glück? Meine Mutter traf meinen Vater „in der Badewanne“! Fünfzig Jahre Ehe dürften als Zeichen gelten! Mit all den Höhen und Tiefen, die der Pastor 1962 sicherlich angekündigt hatte! Zwei Kinder, ein Sohn, eine Tochter! Welcher heute so toll ausgebildete Mensch mit Pillensyndrom will das hinbekommen? Und die Liebe zum Jazz tat ihr übriges, die Liebe zur „Negermusik“ war innig.

Und das Pech? Die Erziehungsmethoden unter den Nazis hat mein Vater niemals vergessen können. Den Verlust vom Vater und gerade mal ein paar Jahre später von der Mutter hat er mit Ignoranz gegenüber den Hinterbliebenen bestraft! Das verkrampfte kleinbürgerliche Duckmäusertum, die Hierarchiegläubigkeit der Deutschen und damit die bleierne „moralische Schwere“ konnte mein Vater niemals ablegen. Mein Vater legte sich unter die Höhensonne, weil gebräunte Haut erfolgreich aussehen sollte. Mein Vater stellte seinen Gang um, da nach außen gerichtete Fußspitzen Dynamik signalisieren sollten. Mein Vater gab seine Körpergröße mit 176 cm an, damit keine hämischen Bemerkungen hinsichtlich des §175 fallen konnten. Mein Vater liebte das Hausfrauendasein meiner Mutter, da es seinen beruflichen Erfolg symbolisierte. „Meine Frau muß nicht arbeiten!“

Wenn ich mir die Eltern der Frauen in Erinnerung rufe, mit denen ich selbst seit den späten Siebzigern zusammen war, dann fehlt meinem Vater im Vergleich zu vielen derer Väter das Element der Alpträume und das Element dieser narzistischen Aggression von Eltern dieser Generation gegenüber ihren eigenen Kindern. Dieser merkwürdige Wille, das eigene erlebte Leid den eigenen Kindern heimzuzahlen, das war meinem Vater fremd.

Mein Vater hat mich allerdings durchaus geprügelt. Er tat das aber nicht, weil er Sklavenarbeiter geschlagen, Kriegsgefangene verprügelt oder Juden getötet hätte! Er tat es, weil er selbst so brutal sozialisiert war. Dank seines geringen Geburtsgewichts konnte er auf mein physisches Anraten hin diese Praxis ab meinem 14ten Lebensjahr auch nicht mehr glaubwürdig vertreten.

Und mal zum Innehalten! Mein Vater würde meinen Sohn heute nicht so behandeln, wie mich vor 40 Jahren. Die Zeiten wandeln sich. Die vererbte Sozialisation als Erinnerung an Wilhelm II oder Hitler ist unterbrochen. Der gesprochene Fluch, dass die Verbrechen der Jahre 1933 – 1945 bis ins fünfte Glied leiden sollten, er gilt für meine Kinder schon in der vierten Generation nicht mehr!

Das Ende für die Wirtschaftswundergeneration naht nun leider. Gott zeigt der Generation der 1935 geborenen langsam ein „Halt“ auf. Mein Papa geht!


Donnerstag, 14. November 2013

Jugendämter in Berlin – Einmischung von Amts wegen



Die meisten Kinder werden in Deutschland weiterhin hoffentlich von Liebenden gezeugt und auf die Welt gebracht. Die meisten Ehen halten. Aber nicht alle.

Nur wenige Trennungen sind allerdings so scharfkantig, dass sofort Gerichte oder (Jugend-) Ämter eingeschaltet werden müssen oder müßten.

In Deutschland steht laut Bundesgesetzgebung vor einer Scheidung eigentlich erst ein Trennungsjahr an! Warum? Nun, es trennt sich leicht. Glücklicherweise finden Paare aber auch wieder zusammen. Das Gesetz „gewährt“ daher ein Jahr der Besonnenheit.

Berlin geht wie üblich mit schlechtem Beispiel voran und konterkariert den Willen des Gesetzgebers selbst dann, wenn einer Ehe Kinder entstammen. In Berlin kann ein Partner sofort vor das Familiengericht gehen. Es kommt dann innerhalb von ca. vier Wochen zu einem beschleunigten Familienverfahren. Man nennt das tatsächlich Berliner Modell

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"Ehemalige Heimkinder Demo 2010" (Quelle: Wikipedia  / Autor: Elkawe / Lizenz: public domain)
Die Eltern müssen beim Jugendamt vorstellig werden, welches eine Stellungnahme hinsichtlich Sorgerecht oder Aufenthaltsbestimmungsrecht abgibt. Das soll in Berlin beabsichtigt so schnell stattfinden, damit für die Kinder angeblich das Wohlbefinden steigernde Tatsachen geschaffen werden. Selbst dem empathielosesten Gesellen sollte klar sein, dass diese Vorgehensweise nicht gerade die vom Bundestag vorgesehene Besonnenheit bei den Eltern fördert, wenn in der akuten, schmerzhaften Trennungsphase der Streit eskaliert wird.

Rechtsanwälte werden eingeschaltet und bezahlt. Eine Mitarbeiterin eines (selbst in Berlin berüchtigten Jugendamtes) bezeichnete Familienrechtsanwälte gegenüber dem Blogger mal als „Ratten des Rechtssystems“. Soweit darf man in der Kritik nicht gehen. Es ist aber weiterhin auffällig, dass immer wieder vier Standardvorwürfe vorgebracht werden: Alkohol und Drogen, Gewalt, Kindsmißbrauch und „nicht zur Kindserziehung fähig“ sein. 

Richtern fällt nicht auf, dass sie immer die gleichen Vorwürfe hören. Selbst Vierjährige werden von Richtern in dieser Stadt in voller Robe befragt, „wo sie leben wollen“. Gutachter kommen ins Spiel. Gute Nacht.

Als Elternteil darf man sich in Berlin leider nicht an den Tenor der Bundesgesetze halten. Man muß sich selbst einen aggressiven Anwalt wählen. Das sei der Ratschlag hier. Damit wird hier leider die Eskalation empfohlen.

Denn Urteile sind schnell gesprochen, Vergleiche deutlich angemahnt. Wer hier nicht aufpaßt, dem drohen Jahre des Schmerzes.

Und die Kinder? Die leiden.

In Berliner Jugendämtern wird gerne das „Kindswohl“ beschworen. Man faselt dort von der Rolle eines „sozialen Vaters“ oder einer „sozialen Mutter“. Das ist schlicht ein DDR-Sozialismus-Rollenverständnis.

Wenn dann z. B. Grundschüler aufbegehren, dann kommt es schnell zum Mittel der Erziehungsbeihilfe. Wer jetzt ohne Anwalt beim Jugendamt erscheint, der wird es erleben, dass auch kerngesunde Kinder „therapeutisch“ behandelt werden. „Therapeut“ wiederum kann sich aber eigentlich jeder nennen. Die angebotenen „systemischen“ Zusatzausbildungen sind eine Farce. Und in Berlin sucht jeder schlecht bezahlte Sozialarbeiter oder Menschenretter gerne eine vom Staat finanzierte Zusatzeinnahme!

Und sollten Kinder so sehr rebellieren, dass die schulischen Leistungen dann doch leiden oder soziale Auffälligkeiten hinzukommen, dann gibt es noch mehr Möglichkeiten, die Jugendämter den Kleinen andienen. Es gibt ja noch Pflegefamilien und wunderbar sittsame Heime.

Eine Empfehlung für ein tatsächlich wunderbares „Berliner Modell“ wäre es daher eher, Mediatoren bestens auszubilden und einzustellen! Das wäre sinnvoll! Solche Profis könnten gerne versuchen, nach spätestens vier Wochen die Eltern einzunorden.

Wäre. Könnte. Nee! Da schicken die Berliner ihre Kinder lieber in die Hölle der Rosenkriege, der Schuldvorwürfe und der Pflegefamilien, wo „soziale Mütter und Väter“ Geld verdienen, indem sie „Kinder retten“!

Montag, 11. November 2013

Ein Spaziergang mit Freundin – von Familienpoltik zur Finanzkrise und zum Berliner Bauboom



Moabiter Plaudereien; 10.11.2013

Gestern war ich spazieren. Eine mir seit einiger Zeit erstaunlich schnell recht vertraut gewordene ältere Dame verbrachte ihre Zeit mit mir. Ihre Hündin „Inga“ kann mich mittlerweile ertragen, ja paßt sogar auf mich auf.

Warum wir uns trafen? Das tut schon zur Sache. Eigentlich ging es um Familienpolitik auf operativer Ebene. Ich holte sie vom Hauptbahnhof ab und wir spazierten durch die nähere Umgebung. Charité, Kaffees, der Invalidenfriedhof und Sarah Wiener waren unsere Ziele. Und die Europacity ließ Vorahnungen anschaulich werden und Berlin als tägliches Neubauwunder erscheinen.

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"Füsse" (Quelle: Wikipedia / Autor: Aleser / Lizenz: public domain)
Soviel darf ich immer verraten: „Sabine“ ist der Vorname. Und Sabine hat in Deutschland sehr viel für Scheidungskinder getan, war als Juristin tätig, kannte nicht nur Herrn Lummer und darf sich im Reichstag Ecken anschauen, die ich mir nicht anschauen darf!

Es war ein schöner Nachmittag mit Gesprächsaustausch und Stöckchen werfen. Mit Anekdoten und Ideen für die Zukunft.

 Familiengerichte und Jugendämter waren Thema. In Hamburg hatte man in den siebziger Jahren die Idee, die Bestuhlung in den Familiengerichtssälen in Form eines „runden Tisches“ zu gruppieren. Welch ein Unterschied zur heutigen Situation in Berlin.

Um uns ein wenig vor der Welt gruseln zu können, tauschten wir Anekdoten über die Jugendämter in Berlin aus. Steglitz, Charlottenburg und Prenzlauer Berg kommen dabei immer schnell schlecht weg. Mitte erscheint als erträglich. Ein guter Rat zwecks Linderung der Seelenpein: Niemals ohne familienjuristisch geschulten Beistand bei diesen Ämtern erscheinen! Die Gesetzes- und die Aktenlage sind entscheidend für die Arbeit der Behörden! Da hilft Eltern kein „gesunder Menschenverstand“ sondern nur einbezogenes juristisches Fachwissen weiter.

Vom Hamburger Bahnhof kommend bogen wir nach rechts in die Heidestarße ein. An der Ecke entstehen gerade zwei weitere Hotels. Insgesamt sind damit bereits heute sechs oder sieben Hotelbauten direkt um den Hauptbahnhof herum gruppiert.

Wir wechselten also spontan das Thema. Ich wurde für Sabine zum Touristenführer. Und wir fingen uns alsdann gegenseitig beim immer wiederkehrenden Staunen ein.

Genau hier ist die „Europacity“ am entstehen. Das Total-Hochhaus steht mit seinen 18 Etagen bereits als weißer Monolith und noch solitär. Letzteres wird sich bald ändern. Über eine Fläche von ca. 600 Metern (West nach Ost) mal ca. 1,2 Kilometern (Nord nach Süd) entsteht eine „neue Stadt“ im Herzen Berlins die das, was am Potsdamer Platz entstanden ist, leicht in den Schatten stellen wird.

Östlich zwischen Heidestraße und Dingsda-Kanal befindet sich ein separater Streifen besten Baulands in Nord-Süd-Richtung. Noch steht dort die Baracke, die bis vor kurzem das wunderbare Möbelhaus EXEDRA beherbergt hat. Die Sammlung Flick immerhin wird in ihrer eigenen Unterkunft vor Ort bleiben. Schon seit Monaten wurden alle weiteren Gebäude (bis auf Reste) nach Norden hin abgetragen und das Erdreich für die anstehenden Baumaßnahmen dort durchforkt. Ein Stadtteil mit Uferpromenade, vielleicht mit einem Hafen für die gut Betuchten und sicherlich mit Blickmöglichkeiten in die Ferne nach Osten, wird entstehen. Wer möchte nicht von der Sonne am Morgen begrüßt werden?

Die Heidestraße selbst wird daher momentan für das neue Viertel, für die „neue Stadt“, umgebaut! Versorgungsleitungen müssen verlegt werden. Die neue Nord-Süd-Anbindung des Hauptbahnhofes und der Europacity an den S-Bahn-Ring ist im Bau! Wir schauten konsterniert in die breiten, langen, tiefen Gräben, die heute bis fast zu unseren Füßen mit Wasser gefüllt sind und zukünftig die unterirdisch fahrende Bahn aufnehmen sollen. Wie man sowas überhaupt hinkriegen kann? Welche Kräfte müssen die gewaltigen Querverstrebungen wohl auffangen? Wie soll das Grundwasser aus diesen Gräben jemals dauerhaft entfernt werden können? Ein Mysterium für Ingenieure!

Westlich davon bis zur Lehrter Straße und weiter nach Norden wird ein Großteil der neuen Bauten der Europacity entstehen. Ein neues Straßengitter wird angelegt werden. Auch hier wird man zentral inmitten der wachsenden Stadt wohnen können und seinen eigenen Blick in die Ferne genießen können.

Denn das wird ein Highlight des neuen Viertels bleiben. Man kann von dort weit nach Westen, Norden, Osten oder Süden blicken, weil Sichtachsen in alle Himmelsrichtungen freibleiben werden. Das gilt natürlich nicht für jeden Mieter.

Die weltweite Finanzkrise seit 2008 zeitigte für die Stadt Berlin erstaunliche Resultate! Es wird gebaut wie schon lange nicht mehr.

Am Breitscheidplatz entsteht mittlerweile das zweite 120-Meter-Hochhaus. Das Bikini-Ensemble ist fast fertig umrenoviert und wartet auf seine Eröffnung. Die Bundesministerien des Inneren und für Wissenschaft realisieren gerade die letzten Schritte ihrer Neubauten in der Nähe des Kanzleramtes. Die Museumsinsel wird mit dem neuen Eingangsgebäude erweitert und  umgebaut. Das Humboldt-Forum entsteht in Stadtschloß-Form. Die U5 wird irgendwann tatsächlich fahren und die Staatsoper Unter den Linden ihre Champignons züchten dürfen. Offenbar wird momentan tatsächlich der erste 150-Meter-Turm am Alexanderplatz geplant. Am Leipziger Platz entsteht nicht weniger als ein hochverdichtetes Super-Einkaufen-Wohnen-Geschäfte-machen-Viertel!

Wir setzten uns auf eine Bank vor der ehemaligen Mauer des Reformgefängnisses Moabit und waren ob dieser Aufzählung kurz fassungslos. Wir beide können uns noch an das „alte West-Berlin“, an den Mauerfall und an die Baumaßnahmen in Friedrichstraße und am Potsdamer Platz erinnern.

Das Geld fließt momentan als Sturzflut nach Berlin. Es findet seine Ziele in der ganzen Stadt!

In Neukölln soll das Estrel einen zweiten Turm bekommen. Sogar der Steglitzer Kreisel scheint einen Investor gefunden zu haben. Die Mietpreise im Bezirk Neuköln sollen so sehr gestiegen sein, dass ditte Jobcenter dort die Mietkosten nicht mehr akzeptieren will! So manchem Investor wird klar, dass der Wedding tatsächlich kaum Kriegsschäden dafür aber Altbauten en masse mit direkter Anbindung an Autobahn und Ringbahn hat. In Charlottenburg wird jede Baulücke genutzt. Der Nachfolger der Deutschlandhalle ist fast fertig. Nur das ICC muß noch gesprengt werden, und es wird sich Geld dafür finden lassen! Selbst in Mariendorf steigen die Mietpreise! Die Leerstandsquote in Berlin insgesamt soll mittlerweile bei 1,5% liegen!

Also saßen Sabine und ich auf unserer Bank mit Inga zu unseren Füßen. „Wie hoch ist eigentlich Deine Miete?“ Unserer beider wäre einem Familiengericht in Berlin immer zu hoch, obwohl wir im unteren Drittel derer liegen, die wir kennen (und die nicht im Tiergarten unter Brücken oder Strichern leben). Pfff.

Der Mechanismus des Kapitalismus wurde uns beiden Halb-Laien nicht mehr so richtig klar. In einer Zeit, in der „eine Finanzkrise“ herrscht, da strömt das Geld seit 2008 nach Berlin? Und als wir uns alle vorher richtig anstrengen mußten (z. B. ab den Schröderschen Reformen spätestens), da floss es nach Spanien? Wir vermuteten, dass soziale Marktwirtschaft und Kapitalismus nicht exakt das Gleiche sind!

Egal! Selbst an unserer kleinen Bank, 500 Meter entfernt vom Hauptbahnhof, liefen Menschen an uns vorbei und redeten die Sprachen, die man heute in Berlin „all over the place“ hört. Man kommt sich vor, als wäre die Welt nach Berlin gekommen und hätte ihre Kinder gleich mitgebracht!

Wahrscheinlich werde ich alt. Es mag sein, dass in China gleich ganze Wolkenkratzer-Städte hochgezogen werden!?! Und der BER sei weiterhin eine Farce! Aber ich gönne dieser meiner Stadt diesen Wiederaufstieg und diese Umwälzung. Trotz Nationalsozialismus, Zerstörung, (SPD-)Sozialismus und Mauer-Teilung! Es muß was dran sein an Berlin, diesem Ort der Begierde. Und an den Menschen, die hier Ziele verfolgen und dafür arbeiten! Und der momentane Geldregen der Investoren hilft gewaltig! Und 40.000 Netto-Neubürger pro Jahr können sich nicht irren ;-)

Wir werden in diesem Blog eine kleine Reihung alsbald neu einführen: „Interviews mit Sabine und Frank“!

Freitag, 1. November 2013

Verkaufen und „positive Rückkopplungen“



Verkaufen ist dann leicht, wenn man nicht „verkauft“! Und, wenn man sich ein wenig im Leben umschaut. Und die Prinzipien nutzt, die der Herrgott uns gegeben hat.

Im Deutschen gibt es viele wunderbare Worte, eines davon lautet „Wirkmechanismus“. Der Begriff betrachtet, wie „Etwasse“ zusammenwirken.

Ein ganz spezieller Wirkmechanismus wird als Rückkopplung bezeichnet. Man kennt das von Musikverstärkern. Bei einer Rückkopplung zwischen Mikro, Verstärker und Lautsprechern (das sind dann „Etwasse“) gibt es recht schnell ein grelles Quieken der Akustik. Das Prinzip läßt sich aber nicht nur in der Technik sondern auch in der Chemie, der Physik, der Biologie sowie im Bereich von Soziologie oder Ökonomie bestens wiederfinden und nutzen. 

File:Fliehkrafregler.PNG
"Ein Fliehkraftregler - klassisches Beispiel einer negativen Rückkopplung"
(Quelle: Wikipedia / Autor: de:User:Kino /Lizenz: public domain)

Nur mal so. Es gibt zwei Arten von Rückkopplungen: die positive und die negative. Und diese beiden Begriffe haben nichts mit gut oder böse zu tun! Es fällt durchaus leicht, Beispiele zwecks Anschauung zu finden. Allerdings gilt die Regel, dass die meisten Beispiele fiktiv sind. Zudem überlagern sich Rückkopplungen. Aber egal!

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Bei einer „positiven Rückkopplung“ verstärken oder verkleinern sich die Etwasse innerhalb eines Wirkmechanismus. Nehmen wir das Beispiel Erderwärmung: „Die Temperatur der Atmosphäre nimmt zu -> Die Polkappen schmelzen ab -> Die Erde wird aus Sicht der Sonne dunkler und absorbiert mehr Wärmestrahlung eben dieser -> Die Temperatur der Atmosphäre nimmt zu -> Die Polkappen schmelzen weiter ab …

Bei einer „negativen Rückkopplung“ passiert ein Ausgleich zwischen den Etwassen innerhalb des Wirkmechanismus. Das „Klassische Beispiel“ herrscht zwischen Jäger und Beute: „Das Jahr hatte eine gute Mäusepopulation -> Die Füchse und die Greife hatten wohlgenährte Junge und drei flügge Nachkommen -> Im Folgejahr leiden die Mäuse unter dem erfolgreichen Jagdtrieb ihrer Predatoren -> Die Mäusepopulation sinkt -> Etliche Predatoren überleben den Winter nicht, der Nachwuchs war schon vorher verhungert -> Im Folgejahr leiden die Mäuse nicht mehr und haben eine super Nachwuchsrate …
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Als Vertriebler können sie die negative Rückkopplung am Verhältnis zwischen Audi und BMW bestens erkennen! Und Sie können da nichts selbst dran beeinflussen. Audi schmiß vor ein paar Monaten seinen Entwicklungschef raus. BMW und Frau Klatten hatten einen Bieterwettbewerb um einen Carbon-Zulieferer gewonnen und die angekündigte Zukunft der BMW-Automobile verspricht Sportwagen mit 3,xx Litern Verbrauch und Stadtautos mit 0,xx Litern Verbrauch. Klar Vertriebler sollen Kühlschränke verkaufen. Welcher Audi soll 2014 folgend diese BMW-Maschinen übertreffen können? Und wie war z. B. das Jäger-Gejagter-Verhältnis zwischen Piech und Porsche noch vor fünf Jahren?

Als Vertriebler können Sie jedoch immer die positive Rückkopplung der Wortwahl nutzen! Man verwende Begriffe und Adjektive zur Verstärkung (oder Minimierung) des Anliegens oder der Wahrnehmung des Kunden!

Dale Carnegie war in diesem Blog längst Thema! Wenn sie „positiv“ arbeiten wollen, dann müssen Sie mit absoluter Höflichkeit arbeiten und NICHT als Verkäufer auftreten!

Setzen Sie ein kleines Pflänzlein ein! Seien Sie nicht zu direkt!

Stellen Sie sich vor, Sie müßten für ein StartUp, welches im „digitalen Veranstaltungsmanagement von Parkplatzsystemen“ tätig ist, am Telefon in Kaltakquise Kunden anwerben müssen! Sie sind als Freiberufler eingestellt! Sie verdienen daher laut Vertrag wahrscheinlich erst mal weniger als ein Motz-Verkäufer in Berlin, der zudem in ein paar Jahren mehr Zähne haben wird als …

Davor haben Sie Angst! Sie müssen doch verkaufen!! Also machen Sie „sofort ein gutes Angebot“!Lassen Sie das mal besser.

Jeder kommt von alleine auf den Rückkopplungs-Trick, wenn er sich bei sich selbst ein wenig im Leben umsieht!

Sie wollen z. B. in einen Verein, weil sie dessen Ziele mögen? Sie möchten gerne mal wissen, wie man einen Zahnkranz am Fahrrad austauscht, wie man den Saum von Gardinen umnäht!

Da bieten Sie sicherlich niemandem einen „Rabatt“ an! Sie haben schlicht keinen! Da sind Sie höflich und zuvorkommend! „Ich geb Dir Geld, wenn Du mit mir hilfs?!“ Es gibt nur wenige Menschen, die Ihnen dann helfen werden, wenn Sie so vorghen! Also gilt es, diese Höflichkeit auch beim Verkaufen zu übernehmen.

Abschließend jetzt noch ein paar Tipps! Allein die Wortwahl „toll“ läßt Menschen sich als toll empfinden! Wollen Sie also mehr verkaufen, so nutzen Sie die Adjektive „willig“ („das ist wirklich willig“) oder auch mal „unanständig“! 

Das klappt!