Moabiter Plaudereien; 30.08.2014
Eigentlich herrscht ein wonniger Grundkonsens
in der deutschen Öffentlichkeit vor. Imperialismus ist nicht gut, die Nazis
waren böse. Und wir haben aus der Geschichte gelernt. Eigentlich sollten sich
andere Länder schon ein Beispiel am friedliebenden Deutschland nehmen können.
Am deutschen Wesen könnte quasi die Welt genesen!
Ja! Es hat
gedauert, bis in Deutschland die Gedankenwelt des Nationalsozialismus
überwunden hatte. Immerhin, so an die 30 bis 40 KZ-Wärter sind letztendlich ja dann
doch von deutschen Gerichten verurteilt worden. Und mein Kampf – darf man
weiterhin nicht frei verlegen!
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"Biedermann als lachender Alkoholiker" (Quelle: Wikipedia / Autor: Seymour Slive: Frans Hals. 3 Bände (Text, Plates, Catalogue). Phaidon Press Ltd., London 1974. ISBN 0-7148-1443-1/ Lizenz: public domain) |
Ein
Klassiker der Schulliteratur ist daher seit 40 Jahren „Biedermann und die Brandstifter“.
Die Allegorie ist die, dass die
Brandstifter fässerweise Benzin auf den Dachstuhl vom Biedermann schleppen und
dass der sogar lesen darf, wie die Brandstifter agieren. Biedermann findet trotzdem
Ausreden ohne Ende, warum er dem Treiben tatenlos zuschaut – bis es zu spät
ist. So war es mit den Nazis. Das
darf es nicht mehr geben! Punkt! Allegorie verstanden!
Bei den
Angelsachsen wird das alles etwas nüchterner mit „Appeasement“
beschrieben. Chamberlain gab den Nazis nach, der nachfolgende Krieg kostete
50.000.000 Menschen ihr Leben. Churchill fasste das nach dem Münchner Abkommen
in die (an Chamberlain gerichteten) Worte: „Sie hatten die Wahl zwischen Krieg
und Schande. Sie haben die Schande gewählt und werden den Krieg bekommen.“
Ja! Es gibt
bezahlte Trolle, die überall ihre Putin stützenden Kommentare absondern. Heute schauen deutsche Biedermänner aber dennoch einfach
zu auffällig gerne weg, wenn es um russischen Imperialismus und russische
Truppen auf der Krim, in der Ukraine geht. Man kann es überall lesen. Und doch
sieht Biedermann nur noch Russen, die befreit werden müssen. Tausende Tote?
Daran sind die USA, die NATO oder angebliche Faschisten in Kiew Schuld. 1.500
verschleppte Bürger in der Ostukraine? Ein Schulterzucken als Antwort.
Und überhaupt die NATO und die USA: Biedermann sieht dort überall Kriegstreiber am Werke. Manchmal erahnt man fast eine Sehnsucht nach Putins "gelenkter Demokratie". Es schauert einen. Wer könnte soviel fressen wie er kotzen wollte ob dieser moralischen und intellektuellen Verrohung.
Solche
Charaktere dienen niemandem gleich nirgendwo im Westen als Vorbild. Unterlassene Hilfeleistung könnte man –
wenn überhaupt – vielleicht unter Realpolitik verbuchen. Aber Realpolitik
wollen diese „hochmoralisch idealisierenden“ Wegschauer ja schon gar nicht. Jedenfalls
dann nicht, wenn es darum gehen soll, Menschen Waffen zur Verteidigung zu
liefern.
Da pöbelt man lieber über die Opfer
und gewährt dem Beelzebub Putin den Heiligenschein seiner russischen Version
einer „Heim ins Reich“ – Politik. Fuck You!
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