Sonntag, 15. September 2013

Ursula Weidenfeld erklärt die Welt – und die Hybris bei Führungskräften zur Tugend

Regelmäßig, weil sonntags, erscheint im Tagesspiegel aus Berlin der „Zwischenruf“ von Frau Weidenfeld. Heute ging es um „die notwendigen Charaktereigenschaften von Managern und Politikern“.

"Irgendwie" erklärt die Autorin, dass die Hybris also eine Tugend bei Großkopferten sein könne. „Die Hauptsache ist, dass ‚ganz oben‘ gehandelt wurde“.

File:Thomas Middelhoff.jpg
"Thomas Middelhoff - ein Mann ohne Frau Weidenfeld!!!!!" (Quelle: Wikipedia / Autor: World Economic Forum /
Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic)
Die Welt und das Leben an sich sind schwer zu verstehen. Die Zeit der Universalgelehrten endete mit dem Ableben Leonardo da Vincis im Jahre 1519. Seitdem hat es Otto Normalverbraucher schwer, kompetente Antworten auf seine Fragen zu erhalten.

Immerhin gibt es die bunte Welt der Ratgeberliteratur. Die liefert Antworten auf die Fragen, wie man klug, schön, erfolgreich oder dankbar, bescheiden und vegan lebend glücklich werden kann.

Man soll sich nicht sorgen sondern leben. Bescheidenheit wird angemahnt. Der Jakobsweg und eine Wanderung auf selbigem werden empfohlen. Dankenswerterweise gibt es auch Bücher, die nahelegen, dass Männer auf natürlichem Wege, die Länge ihres Penis auf entspannte 50cm ausdehnen können. Und! Ja! Es soll Männern möglich sein, einen Orgasmus von sage und schreibe einer Stunde erreichen zu können. Aua!

Erfolgreiche Manager, Künstler oder Politiker veröffentlichen irgendwann immer ihre Memoiren, die man klar als Ratgeberliteratur einordnen darf. Die Werke landen recht häufig ganz oben auf den Bestsellerlisten, haben aber nur wenigen Menschen ein Quantum Trost oder gar Erfolg gebracht. Nur allzu oft wird in diesen Büchern nur der Versuch unternommen, eine bestehende Ordnung zu verteidigen. Leider stößt Frau Weidenfeld in dieses Horn.

Sie hätte ihr Anliegen, eine Meinung zu untermauern, auch anders angehen können. Sie hätte sich der Wissenschaft bedienen können. Die ist nämlich genau dafür da, Fragen zu ergründen und stichhaltige Antworten liefern zu können. Dann wäre sie auf mindestens zwei Aspekte gestoßen, die ihrer Kolumne wahrscheinlich einen anderen Tenor gegeben hätten.

Sie hätte sich dann auch eindach mal der Frage widmen dürfen, wie man "Erfolg" eigentlich bemessen kann. Im Bereich der Wirtschaft könnte man z.B. Erfolgsmaße wie Umsatzrendite oder Langlebigkeit eines Unternehmens auswählen. Genau zu diesen Themen gibt es nämlich durchaus Studien, die tatsächlich Hinweise geben, warum Unternehmen „erfolgreicher“ als andere sind und was das mit dem Führungspersonal zu tun haben könnte.

Hybris taucht in diesen Studien als Erfolgsfaktor allerdings niemals auf. Interessanterweise ist der ideale Manager besonders erfolgreich, wenn er sich in die Tiefen der Detailebene begibt, und einen eher unspektakulären Auftritt pflegt. Das sind die berühmten Aktenfresser

Und erstaunlicherweise überleben viele Firmen nur trotz katastrophaler „Größenwahnideen“, ihrer Lenker und Leiter! Entscheidend sind zwei Unternehmensbereiche: Die Produktion und das Rechnungswesen (und Controlling) müssen funktionieren. Erst dann, wenn Hybris-gesteuerte Ideen der Führungsebene in diesen Feldern Chaos auslösen, ist ein Unternehmen recht schnell dem Untergang geweiht.

Frau Weidenfeld könnte ja mal einen Zwischenruf zu Herrn Middelhoff schreiben. Der freut sich glatt!


Keine Kommentare: