Freitag, 19. Juli 2013

Morgens 8:50 Uhr – an jedem verdammten Tag



Moabiter Plaudereien; 19.07.2013

Es ist gar schrecklich, wenn man Tag für Tag und Woche für Woche mit den immer gleichen Problemen beschäftigt wird. Erträglich ist es dann, wenn es die Probleme der Anderen sind.

Vor drei Wochen war ich mal krank. Ich war fiebrig, hatte Schüttelfrost und Atembeschwerden. Angefangen hatte alles ein paar Tage zuvor damit, dass ich sportiv Fahrrad fuhr und unangekündigt und recht plötzlich Schwierigkeiten beim Luftholen bekam. Das war nicht witzig und fühlte sich unangenehm asthmatisch an.

Meine Hausärztin schrieb mich krank und überwies mich zu einer HNO-Ärztin. Dort machte ich einen Termin aus, der wohlweislich erst stattfinden sollte, wenn die Symptomatik sicherlich abgeklungen sein würde. Die gute Frau müßte ja schließlich auch etwas sehen können. Und ich gehe selbst am liebsten zum Arzt, wenn ich nichts habe.

Der Termin war auf Donnerstag, 18.07.2013, um 9:00 Uhr angesetzt. Ich war fit und hatte die Stunde zuvor genutzt, um mit meinem Speedrad Charlottenburg zu umrunden. Ich war zu früh dran und suchte noch ein wenig morgendliche Entspannung im „Kleinen Tiergarten“. 

"Der Kleine Tiergarten" (Quelle: Wikipedia / Author: Maria Krüger / Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic)

Nun bin ich nach einer Stunde Radeln ja grundsätzlich zufrieden wie ein Baby. Umso härter traf mich der Anblick der Trinker.

Der Kleine Tiergarten wird in Nord-Süd-Richtung durch zwei Straßen durchschnitten. Östlich der Stromstraße wollte ich mein ruhiges Plätzchen auf einer Parkbank finden. Das erwies sich als unmöglich.

Pöbelnde Besoffene besetzten die Parkbänke. Und ziemlich mittig gelegen, vielleicht 70 Meter von der Stromstraße weg scheint ein örtlicher Drogenumschlagsplatz sein momentanes Quartier aufgeschlagen zu haben. Da herrscht ein reges Treiben, ein Kommen und Gehen. Na ja! Vor zwei Jahren hatten sich die Dealer noch ganz im Osten des Parks auf einem schwer einsehbaren Spielplatz ihr Plätzchen gesucht. Der Kindergarten der St. Johannis-Gemeinde war vielleicht 30 Meter weit entfernt. Insofern!?!?

Ich könnte sicherlich an jedem Tage morgens, abends oder nachts dort vorbeikommen, die Situation wäre immer gleichermaßen verdammt. Paul Gascoigne könnte hier sitzen.

Wenn ich analytisch vorgehe, habe ich Mitleid mit Trinkern, ja auch mit Drogenkonsumenten. Selbst Dealer können ganz weit hinten in meiner Seele ein allerdings schwarzes Mitgefühl erwarten. Aber! Mehr noch liebe ich die Neugestaltung von Parkanlagen! Zwei Drittel des Kleinen Tiergartens sind bereits fertig oder werden noch umgestaltet. Es fehlt nur noch der letzte östliche Teil!

Dann wird der kleine Park offen einsehbar gestaltet sein! Für Trinker und Dealer wird es also bald an der Zeit sein, die Innenstadt zu verlassen! Farewell!

Das sieht nicht Jeder so. In Moabit und Tiergarten wurde mit Handzetteln vor der Beschneidung von Bäumen gewarnt: „Ich soll sterben!“ Bemerkenswerterweise wollen gerade sehr alte Bürger die Neugestaltung der Parkanlage verhindern.

Klar! Wer heute noch ein erträgliches Rentenniveau hat, der hat Zeit! Die anderen sammeln halt Flaschenpfand für den täglichen Drogen- und Alkoholkonsum. Und ich? Ich werde später auf den Rollator-Strich humpeln.

 

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