Montag, 26. Januar 2015

Unbestechliches Bosnien und Herzegowina?



Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, 26.01.2015

Wie sieht es heute, zum Jahresbeginn 2015, eigentlich in Bosnien-Herzegowina aus? Wie ist die politische Lage in diesem „Hinterhof“ Europas?

Zu diesem Thema referierten heute Abend in der Heinrich-Böll-Stiftung Prof. Dr.Miranda Jakiša (Humboldt-Universität zu Berlin) und als Buchautor Dr. Damir Arsenijević (Universität Tuzla und Leverhulme Trust Fellow an der De Montfort Universität Leicester).

Ich muß es vorwegnehmen. Ich mag keine Philosophie-Studenten, keine Doktoranden, Forscher oder Dozenten auf diesem Gebiet. Mir ist die Selbstverliebtheit zu groß, das Lauschen nach den eigenen Worten zu nachhallend und bei Vorträgen der Blick auf den Boden zu dauerhaft. Und Psychoanalytiker stellen für mich nur eine Zuspitzung der unangenehmen Art dar. So viel Ehrlichkeit muß sein.

Damir Arsenijević berichtet in seinem Buch (Texte verschiedener Autoren), und also heute in seinem Vortrag von der aktuellen gesellschaftlichen Lage in Bosnien-Herzegowina. Im Februar 2014 gab es Massenproteste in dem Lande. In der deutschen Presse müssen Sie nach diesem Thema suchen.

Und hier wurde es ein trauriger Abend. Man spürte, wie sehr Europa nicht auf Bosnien schaut, wie sehr es uns reicht, dass dieser Ort der „Massengräber“ als befriedet erscheint. Es ist kein Unken. Eine solche Art der "Befriedung" kann auch der Ukraine drohen, wenn sie keine Verbündeten findet. 

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/62/Bosnia_and_Herzegovina_Political.png/505px-Bosnia_and_Herzegovina_Political.png
"Verfasste Gliederung in Bosnien-Herzegowina nach Konfessionen!"
(Quelle: Wikipedia / Autor: j.budissin (Julian Nitzsche) / Lizenz: GNU Free Documentation License)
Dieser Staat hat mit den typischen Problemen Süd-Ost-Europas zu kämpfen: keine Wirtschaftskraft, ungenügende staatliche Strukturen, massive Korruption und das unvermeidliche Oligarchen-Unwesen. In Bosnien besitzen „85 Menschen9 Milliarden Dollar“. Die anderen besitzen nichts.

Ein Mensch, der aus einem solchem Land stammt, der sich engagiert, der Zahlen und Ursachen zu kennen glaubt, der kann an einer angeblichen Untätigkeit Europas verzweifeln. Allerdings nur dann, wenn er glaubt, dass alles Gute von Oben kommt. Es stimmt schlicht, dass Bosnien für die meisten Europäer ein „schwarzes Loch“ ist.

Man kann dann auch mal über das Ziel hinaus schießen. Die Proteste vom Februar 2014 wurden als Vorbild „horizontaler Demokratie“ für ganz Europa gepriesen. „Jugoslawien“ wurde gepriesen und quasi ein dritter Weg zwischen Kommunismus und Kapitalismus eingefordert: die „Solidarität“. Priesen und Preisen sind immer kostenfrei.

Die Solidarität wiederum ist eigentlich etwas gesellschaftlich Zwischenmenschliches. Die ca. 7.000.000 Franzosen, die nach dem letzten Terrorangriff in Frankreich landesweit demonstrierten, die waren solidarisch. Die vielleicht 5.000 Berliner, die am Abend der Anschläge vor der Französischen Botschaft schwiegen, die zeigten ihre Solidarität, ohne am nächsten Tag ebenfalls ihr Beileid den zigtausend Toten in den Bosnien-Kriegen zu widmen.

Und die 22 Irren, die zeitgleich zu der Veranstaltung heute am Berliner Hauptbahnhof für die Rettung des Abendlandes demonstrierten? Die praktizierten „horizontale Demokratie“, riefen deutlich mehr Gegendemonstranten auf den Plan und sorgten dafür, dass Mitte mittig um den Hauptbahnhof herum von der Polizei von Berlin abgetrennt wurde.

Das war ein wenig nervend. Traurig war die Verlassenheit, die in diesen zutiefst egozentrischen Schilderungen über Bosnien-Herzegowina und das eigene Wirken zu spüren war.


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