Sonntag, 25. August 2013

Inzest im Wahlkampf



Moabiter Plaudereien; 25.08.2013

Der wunderbare Autor Harald Martenstein hat heute in seiner im Tagesspiegel erschienen Kolumne das „Inzest-Tabu“ und den Umgang der Grünen damit beleuchtet.

Die Kolumne ist jede Zeile wert, gelesen zu werden. Allerdings wird das Thema „Sex mit Kindern“ im angeblich so verplätscherten Wahlkampfjahr 2013 ja eigentlich als Issue vor allem gegen die Grünen ins Spiel gebracht. Wem diese Art Wahlkampf zuwider ist, der muß eigentlich nicht einmal Martenstein lesen. 

File:Lion pair2.jpg
"In freier Wildbahn Inzest-frei dabei!" (Quelle: Wikipedia; Autor: Miroslav Duchacek;Lizenz: GNU Free Documentation License)

Kann es denn überhaupt und vielleicht biologische Gründe geben, die dagegen sprechen, dass Mütter sich mit Söhnen oder Väter mit Töchtern paaren? Na klar!

Schaut man sich in der Welt der Lebewesen so um, dann fällt auf, dass die große Mehrzahl der Individuen sich nicht geschlechtlich sondern durch Zellteilung vermehrt. Einzeller wie Bakterien oder meinetwegen Amöben gibt es billionenfach auf unserem Planeten. Wenn es an der Zeit ist, dann werden aus einem Bakterium zwei. Das kann innerhalb einer Woche mehrfach passieren. Aus einem Bakterium könnten dann schon mal 512 Bakterien innerhalb einer einzigen Woche werden. Könnten! Denn der Schwund durch Freßfeinde, Virenbefall, kosmische Strahlung oder Fehler bei der Zellteilung ist enorm. Dennoch sind Einzeller sensationell erfolgreich. Ihre gigantische Reproduktionsrate lässt sie als Art jede Katastrophe überleben.

Rein theoretisch sind alle Individuen allerdings genetisch gleich, was diese sehr anfällig gegen Viren machen würde. Um genetische Vielfalt zu erlangen, greifen Einzeller daher zu einem Trick. Kommen einzelne Bakterien einer oder verschiedener Arten zusammen, so tauschen sie gerne DNS-Fragmente aus. Überleben das alle Beteiligten und erbringt das den „Klonen“ der nachfolgenden Zellteilungen ein Plus an Überlebensfähigkeit, so war das ein guter Tag für das Überleben einer Bakterienart. Andernfalls ergibt sich kein Schaden, da ja die hohe Reproduktionsrate Katastrophen grundsätzlich ausschließt.

Sobald sich Einzeller zu Mehrzellern zusammenschließen, wird die Sache ein wenig schwieriger. Schon für Quallen, die sich aus ein paar tausend Einzellern zusammensetzen bedeutet es den Tod aller Zellen, wenn die Qualle an den Strand gespült wird. Die einzelnen Zellen haben sich so sehr auf ihre Rolle im Gesamtverbund spezialisiert, dass sie sich nicht mehr von der sterbenden Qualle verabschieden können, um als Einzeller den Weg zurück ins Meer finden zu können. Der Tod des Organismus bedeutet den Tod aller Zellen.

Wie können dann aber höhere Lebewesen sicherstellen, dass zwischen den Individuen einer einzelnen Art überhaupt genetische Vielfalt existiert und gleichzeitig alle Einzelzellen eines Organismus das gleiche genetische Erbe haben? Die Antwort lautet: SEX!

Aus Ei- und Samenzelle erhält also auch der Mensch sein genetisches Erbe. Und es stammt genialerweise zu jeweils 50% von Vater und Mutter! Paart sich der Sohn dann mit einer Frau erhalten die Enkelkinder neue, fremde 50% Erbmaterial von ihrer Mutter hinzu!

Einzeller vermehren sich unglaublich schnell und haben nur geringe, auf den Zufall setzende Möglichkeiten, ihre genetische Vielfalt zu sichern. Höhere Lebewesen bringen oft nur alle paar Jahre Kinder zur Welt. Bei diesen ist aber durch das System der geschlechtlichen Fortpflanzung garantiert, dass Urenkel nur noch 1/16tel des genetischen Materials haben können, das ihnen ihr Vorfahr mit auf den Weg gab.

Diese Vielfalt gewährleistet, dass auch höhere Lebensformen als Art kosmische Strahlung und Virenbefall überleben können. Sie sind äußerst robust.

Inzest läuft diesem Grundprinzip zuwider!

Allerdings müßte man schon aus rein ästhetischen Gründen einsehen können, dass Sex mit Kindern unappetitlich ist. Ganz abgesehen von moralischen Erwägungen.

Keine Kommentare: