Freitag, 24. Januar 2014

Jahrestagung der Jungen Akademie – „Europas Zeitgeist 1914 / 2014“

Heinrich-Böll-Stiftung; 24.01.2014

Das wird ein recht langes Jahr 2014 werden. Der Beginn des Ersten Weltkrieges jährt sich. Bücher werden präsentiert werden, Veranstaltungen auf Veranstaltungen folgen und Streitgespräche zum sinnieren einladen.

Die Heinrich-Böll-Stiftung ist die Parteistiftung der Grünen. Hier werden Thesenpapiere geschrieben, Ideen geschmiedet und der Nachwuchs wird geformt. Die Stiftung versteht es auf angenehme Weise, den Laien, den normalen Bürger an den Ergebnissen ihrer Arbeit teilhaben zu lassen. Hier ist man immer herzlich eingeladen. So auch heute bei der Veranstaltung, die sich mit dem Ersten Weltkrieg befasste.

Als Entrée gab es eine Lesung. Vier kurze Texte (z. B. von Stefan Zweig) ließen erahnen, welche Grundstimmung in Europa kurz vor Ausbruch des Krieges herrschte. Wie fühlte sich die Welt eines Kolonialisten in Namibia an? Wie reagierten Bürger in der französischen Provinz, wenn sie ein Bild von Wilhelm II in der Wochenschau sahen? 

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Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaus II. (Wikipedia / Bundesarchiv, Bild 183-R43302 / CC-BY-SA /
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Und dann durften Ernst Piper (Historiker an der Uni Potsdam) und nachfolgend Herfried Münkler (Politikwissenschaftler an der Humboldt-Universität) zunächst vortragen und dann die intellektuelle Rangfolge klären.

Ernst Piper referierte über das Jahrzehnt der Kriegsdrohungen, das dem Jahre 1914 vorausgegangen war. In etlichen Ländern wurden Kriegspläne zur Durchsetzung nationaler Ziele diskutiert. Deutschland schwadronierte vom dringend benötigten „Lebensraum“. Deutschland müsse „Weltmacht“ werden. Und obwohl z. B. Bebel bereits 1911 klar voraussagte, was ein Krieg für Auswirkungen haben würde. „Der Krieg wütete längst in den Menschen“, bevor er ausbrach. Letztendlich waren Millionen Soldaten gefallen. Allein 8 Millionen kehrten als Kriegsinvalide nach Hause zurück.

Nachfolgend nach 1918 gab es dann 38 staatliche Gebilde in Europa. Die Anzahl der Währungen hatte sich verdoppelt. Bürgerkriege und Grenzkriege wüteten weiter (zumal in Osteuropa).

Herfried Münkler witterte in dieser Argumentation eine „Theologisierung des Krieges“. Er stellte ein Gedankenexperiment voran: Wie würden wir heute zurück blicken, wenn nur „ein dritter Balkankrieg“ aber nicht der „große Krieg“ ausgebrochen wäre? Wir würden in all den Pamphleten der damaligen Zeit nur einen „Abgesang“ auf eine Zeit ansehen, in der Gewalt zur Wahrung nationaler Ziele eingesetzt wurde.

Münkler stellte dar, dass sowohl die Sozialdemokraten als auch die Liberalen gegen einen Krieg waren. Und bei den Konservativen warnte der „Ältere Moltke“ vor einem Erschöpfungskrieg. „Weh der Hand, die die Fackel an ein solches Pulverfass legt!

Zwar planten alle Mächte schnelle Angriffskriege. Dass aber ein langjähriger Erschöpfungskrieg unter Mobilisierung aller nationalen Kräfte drohte, das war durchaus in der Diskussion.

Der Krieg hätte nicht ausbrechen müssen. Ein „dummer Zufall“ kam ins Spiel. Die Deutschen hatten einen Spion in der Russischen Botschaft in London und fühlten sich von London angelogen. 

Und gerade in Deutschland war das Regierungssystem alles andere als professionell managlable . Es gab schlicht kein Kabinett!



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