Zumindest
das Bezirksamt Mitte hatte keine Mühen gescheut. Weiträumig waren im ganzen
Kiez Einladungsflyer an jeden Hauseingang geklebt worden. Der Investor
präsentierte seine Pläne mit Folien und erschien in Person eines äußerst höflichen Mannes in den Dreißigern mit Moabiter Wurzeln.
In
Deutschland wird alles planerische Tun durch Gesetze gerahmt. Das kann völlig
schief laufen wie beim Projekt Stuttgart 21. Das kann
unvorhersehbar vonstatten gehen, wie bei vielen Projekten der Vergangenheit in
Berlin. Und es kann zu ansehnlichen Entwürfen führen, wie in diesem Fall.
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"Die alte Schultheißbrauerei in Berlin-Moabit" (Quelle: Wikipedie / Autor: Elikross / Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported) |
Berlin hat
seit dem Mauerfall einige Häutungen mitgemacht, die für viele Menschen
schmerzhaft waren. Der Veränderungsdruck in der Stadt ist real. Netto wuchs die
Stadt 2013 um 50.000 Bürger an. Wohnraum ist knapp. Es gibt einen
Verteilungskampf zwischen gut und weniger gut betuchten Bürgern um bezahlbaren
Wohnraum.
HGHI ist ein ortsansässiger Investor, der
z. B. das neue Einkaufsareal am Leipziger Platz entwickelt. Investoren
investieren Geld, das sie nicht auf dem Sparbuch haben. Der Kapitalmarkt
liefert die Investitionsmittel und verlangt Zins und Tilgung. Ein Gewinn sollte
beim Investor verbleiben dürfen. Es muß also kalkuliert werden. Eine solche Kalkulation führte hier dazu, dass
in der Moabiter Mall 20.000 qm
Verkaufsfläche geplant sind. Es entstehen 410 Tiefgaragenplätze und 300
Stellplätze für Fahrräder. Ein Hotel
mit 306 Zimmern soll den Komplex ergänzen. Und: Es werden genau NULL Wohnungen entstehen.
Die
Veranstaltung war sehr gut besucht. Die Bestuhlung in der Heilandkirche reichte nicht aus. Man konnte es den Wortmeldungen der
Ortsansässigen all zu leicht entnehmen: Die heute so typische Angst der
Berliner vor der Veränderung stand im Raum. Die alten Zeiten der Billigmieten
bei erträglich niedrigen Einkommen sind Geschichte. Wer mit dem Wandel nicht
Schritt halten kann, wer kein angemessenes Einkommen erwirtschaftet, dem droht
Verdrängung.
Die Ecke Strom- und Turmstraße ist hervorragend an das Verkehrsnetz der Stadt angebunden. Die neue Mall und andere Einkaufszentren, die in der Umgebung geplant oder bereits gebaut sind, werden Käufer anziehen, die heute nicht nebenan wohnen. Nebenan wohnt die Armut des Moabiter Ostens. Daher der Tenor so vieler Anwesender: "Sie wollen uns nicht"!
Die Ecke Strom- und Turmstraße ist hervorragend an das Verkehrsnetz der Stadt angebunden. Die neue Mall und andere Einkaufszentren, die in der Umgebung geplant oder bereits gebaut sind, werden Käufer anziehen, die heute nicht nebenan wohnen. Nebenan wohnt die Armut des Moabiter Ostens. Daher der Tenor so vieler Anwesender: "Sie wollen uns nicht"!
Die Politik
(auch in Berlin) reagiert auf diese Angst. Deswegen wird von Bürgerpartizipation
geredet und deswegen werden Informationsveranstaltungen wie die heutige
unterstützt. Stuttgart 21 und die Bürgerproteste bzw. das nachfolgende
Wahlergebnis dort lassen Politiker bundesweit nicht unberührt.
Eigentlich possierlich erscheint da das Hegen und Pflegen der eingangs erwähnten Mauer
durch Denkmalschutz und Investor. Diese Mauer, um die es geht besteht aus Ziegelsteinen
und verläuft in nördlicher Richtung von der Strom- in die Perleberger Straße. Sie ist schlicht und häßlich. Der Investor wird die Mauer erhalten, um seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit plastisch zeigen zu können. Nach dem Bauvorhaben wird sie dauerhaft schöner sein
als während der Tage ihrer eigentlichen Fertigstellung.
Ich kann mir das nur dadurch
erklären, daß mein Uropa selbst diese Mauer errichtet haben muß. Ihm wird hier also ein wirkliches „Denkmal“
gewidmet. Ich zeige mich dankbar und werde eine kleine Erinnerungstafel
spendieren.
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