Mittwoch, 18. Juli 2012

Verkaufen – CallCenter und „brute force“


Wenn in der Informatik ein Code oder ein Passwort geknackt werden soll, dann wird dort gerne brutale Gewalt eingesetzt. Die „brute force“ – Methode bedeutet, dass so viele Rechner als möglich so lange wie nötig einfach JEDE Möglichkeit der Kombination eines z.B. 12-stelligen Passwortes ausprobieren werden. Von „000000000000“ über „1256_9UUu 9k“ bis zu „ZZZZZZZZZZZZ“ wird jede Kombination geprüft. 

Diese kleine mathematische Aufgabe können alle Rechner dieses Planeten in den nächsten paar Jahrhunderten theoretisch garnicht lösen. Dennoch führt die Methode häufig zum Erfolg. Die meisten Passwörter lauten „Mutter“, „26.12.72“ oder „IliLba12.11.2012“ (Ich lag im Liebesbett 12.11.2012). Nach solchen Kombinationen wird zuallererst geschaut! Nicht alle Passwörter sind zwölf Zeichen lang.


Brute Force Attack on WordPress
Google: by Ben Cook on November 30, 2009

Exakt gleich wird diese Methode angewendet, um mit „brutaler Gewalt“ die Brieftaschen von 80.000.000 Bundesbürgern oder 7.000.000.000 Erdenbürgern anzugehen. Callcenter leben vom Mindestlohn, der bei vielen Mitarbeitern bei 7,50€ in der Stunde liegt. Somit können Callcenter Tausende Arbeitnehmer an die Telefone setzen, um Telefonate anzunehmen, oder, um Kunden anzurufen. Natürlich kann ein Callcenter nur dann jeden möglichen Kunden erreichen, wenn die Telefone von morgens 9:00 Uhr bis abends 20:00 Uhr besetzt sind. Die jeweilige Standardzeit wird beachtet ;-)

Der durch Hart -IV vorgegebene Mindestlohn ermöglicht mit voller Absicht den Einsatz von Lohnsklaven. Bei einer Arbeitszeit von 160 Stunden im Monat bei 7.50 € erhält ein Callcenter-Angestellter 1.200€ Brutto im Monat und zum Beispiel in Berlin (mit einem Kind) ca. 950€ Netto auf sein Konto.  Damit liegt dieser Sklave über dem Hartz - IV - Satz! Das "Lohnabstandsgebot" wird eingehalten?

Nein, das wird es nicht, da viele Calllcenter 30 Stunden pro Woche als Kernarbeitszeit festlegen! Damit läßt sich ein Hartz-IV-Satz nur mit Mühe erreichen!

Die Fluktuation in der Callcenter - Branche (mit ihren Hundertausenden von Mitarbeitern) ist hoch. Prämien und Boni liegen im 1€ Bereich. Diese geringen Boni, diese geringen Prämien für erfolgreiche Abschlüsse führen dazu, dass Mitarbeiter die „brute force“ – Methode aus Eigenantrieb heraus anwenden und auch nur dafür erträglich bezahlt werden!

Ein „Outbounder“ (Callcenter-Agent), der potentielle Kunden anruft, der tut das an einem Arbeitstag sicherlich einhundertmal und öfter. Je geringer die Abschluss- oder Erfolgsprämie ausfällt desto kürzer wird die Dauer eines Gespräches sein, die ein „Agent“ dem Kunden zugestehen kann. Dies ist reine Mathematik. Ein Agent kann ansonsten sein Einkommen schlicht nicht sichern.

Es ist klar, dass bei  beiden „brute-force-Methoden“ mathematische Modelle zu Grunde liegen, die deren Erfolg garantieren sollen!

Dummerweise gibt es hier aber einen entscheidenden Unterschied! Im Bereich der Informatik ist es tatsächlich so, dass Maschinen letztendlich alle Passwörter durchprobieren können, die überhaupt vorstellbar sind. Das zugrunde liegende Modell ist real. Trotzdem gibt es ab einer bestimmten Länge eines Passwortes (12, 24 oder 300 Zeichen) das vorerst unlösbare Problem, dass es leider mehr Möglichkeiten als Sandkörner in unserer Milchstraße gibt!

Callcenter jedoch mißachten die Natur des Menschen an sich. Callcenter-Agent können nicht verkaufen und werden dementsprechend schlecht bezahlt. Callcenter bewältigen nur das Aufsammeln von Brosamen. Das wird perfekt abgedeckt. Mit Briefmarken verdient man Geld, wenn man sie zigtausendfach verkauft!

Der Bereich des Kaufens und Verkaufens, der das menschliche Leben mit Verhandeln und Gewinnmargen ausmacht, der ist in diesem Modell nicht vorgesehen. Callcenter nutzen also nicht jede Möglichkeit des Verkaufs, sondern sie nutzen nur die wenig aussichtsreichen Möglichkeiten bis zum Anschlag aus.
 
Leider hat die Finanzkrise von 2008 gezeigt, dass der billionenfache Handel mit „milliardstel“ Cents oder Pennies Milliarden an Gewinn bringen kann. Callcenter werden unsere Weltwirtschaft nicht zum Einsturz bringen. Sie werden die Zweiteilung der deutschen Arbeitswelt nicht aufbrechen. Intelligente Dienstleistungen können so nicht abgebildet werden. 

Das Deutsche Rentensystem wird auf Basis dieser vom Staat gewollten Industrien absehbar in Zukunft unschön belastet werden. Ich sehne mich nicht nach einer Rente nach einem langjährigen Arbeitsplatz dieser Gegenwart der Callcenter! Ich müßte wohl mit 75 Jahren in Rente gehen!

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