Seit Jahrzehnten protestieren Bürger gegen Entscheidungen
„des Staates“ und artikulieren eigene Interessen. Bürgerinitiativen sind hierfür eine erprobte Organisationsform.
Ja! Bürgerinitiativen gibt es in Deutschland seit
Jahrzehnten. Allerdings gibt es nur wenige Bürgerinitiativen, die seit
Jahrzehnten bestehen. Das Gründungsthema ist oft zeitlich fixiert. Man kann nur
solange gegen ein Atomkraftwerk demonstrieren, solange selbiges in der Planung
oder im Bau befindlich ist oder bis es abgeschaltet ist.
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"Bürgerinitiativen erfinden jedes Rad neu!" (Quelle: wikimedia.org; gemeinfreie Lizenz; Urheber: Albertyanks Albert Jankowski) |
Also wird Erfahrungswissen von Bürgerinitiativen eher nicht von Generation zu
Generation weitergegeben oder gar verfeinert. Neu gegründete Initiativen sehen
sich leider stets mit ähnlichen Phänomenen konfrontiert wie ihr Vorgänger. Aus
der Sicht der Sozialwissenschaften sieht das etwa folgendermaßen aus:
● Identifikation:
Wie findet man Mitglieder, die sich mit den Zielen einer Bürgerinitiative
identifizieren wollen? Potentielle Mitglieder können über ihre bisherigen
Überzeugungen und Wünsche ermittelt werden.
● Konkurrenz:
Mitglieder haben meist eine politische Grundhaltung. Sie sind konservativ, eher
links, eher grün oder schlicht christlich eingestellt. Somit stehen sie
entsprechenden Parteien und deren Zielen nahe.
● Fluktuation:
Das Thema von Bürgerinitiativen ist meist partikular. Es entfaltet prinzipiell nur
eine geringe Bindungskraft. Alte Mitglieder gehen, neue Mitglieder stoßen
hinzu. Das hemmt die Schlagkraft.
● Heterogenität:
Die Kernthemen von Bürgerinitiativen mögen partikulär sein, sie werden von
ihren Verfechtern aber oft als hoch moralisch empfunden. Es geht um Wahrheit! Moralische
Forderungen sind aber anfällig für eine heftige, ins Persönliche gehende
Streitkultur und locken unterschiedlichste Zeitgenossen mit deutlichem
Sendungsbewusstsein an. Die eine oder andere Bürgerinitiative benötigt also eigentlich
Mediatoren!
● Fazit: Im Ergebnis haben Bürgerinitiativen
bundesweit mit mangelnder
Professionalität und Schlagkraft zu kämpfen.
Wie könnte man dem begegnen? Man geht das ganze mit modernen
Marketing- und Projektmanagement- Methoden an und vergisst die Soziologie des
Verkaufens nicht.
● Identifikation:
Wenn man potentielle Mitglieder über ihre bisherigen Überzeugungen und Wünsche
ermitteln möchte, so steht eine kleine Zielgruppenanalyse an. Was tun, was
lesen meine umworbenen Mitglieder? Wie und wo kann ich sie ansprechen?
● Konkurrenz: Wenn
ich meine Mitglieder binden möchte, dann sollte ich sie als Kunden ansehen und
entsprechend einbinden. SM – Marketingmethoden sind hier zunehmend das Mittel
der Wahl.
● Fluktuation: SM
– Marketing ist auch ideal, um Mitglieder zu halten.
● Heterogenität: Mediatoren
können tatsächlich helfen. Eine geeignete Organisationsform hilft ebenfalls. Die
Gründung eins Vereins ist notwendig um eine minimale hierarchische Struktur
aufzubauen. Zudem sollte man „Posten“ (nicht wirklich) oder Aufgaben (schon
eher) verteilen, um dem Grundbedürfnis des Menschen nach Anerkennung
nachzugeben. Oder! Man gebe einem Menschen eine Aufgabe und er wird sie
erfüllen!
Der beste Ratschlag
für Bürgerinitiativen ist immer der, über
den Tellerrand zu schauen.
In Deutschland gibt es nämlich ebenfalls seit Jahrzehnten Fördervereine, die höchst professionell
arbeiten. Diese Vereine vertreten ebenfalls Partikularinteressen und kennen die
aufgeführten Phänomene des menschlichen Zusammenlebens. Die Ergebnisse der
Arbeit dieser Vereine können sich sehen lassen.
In Berlin z. B. wäre die
eine oder die andere Schule, der eine oder der andere Kindergarten längst in
sich zusammengebröselt, wenn sich nicht begleitende Fördervereine etabliert hätten.
Zugegebenermaßen halten auch viele Fördervereine SM - Marketing für eine gesteigerte Form des Sado Maso.
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