Dienstag, 12. Februar 2013

„Bürgerliche“ Politikberatung I – Grundüberlegungen



In den letzten Jahrzehnten haben alle westlichen Nationen ein Phänomen erlebt. Die Bürger mischen sich zunehmend in die Politik ein. Mehr und mehr Interessen - verbände oder Bürgerinitiativen wurden gegründet, um Interessen und Anliegen zu vertreten. 

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"Die Pnyx mit Rednertribüne, in klassischer Zeit Ort der attischen Volksversammlung" (Quelle: Wikipedia: GNU Free Documentation Licence; erstellt von GNUFDL)

Deutschland ist hier ein wunderbares Paradebeispiel. Man spricht im Hinblick auf die deutsche Verfasstheit gerne von einem „Verbändestaat“. Interessengruppen werden gewollt und aktiv in den Prozess der politischen Willensbildung mit einbezogen. Ein Wirtschaftsministerium im Bund oder den Ländern fragt gezielt nach, was z. B. der „Verband der Stahlbarone“ zu einer geplanten Gesetzesnovelle einbringen möchte. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) fragt auch beim BUND nach, lässt Greenpeace zu Wort kommen, wenn ein „Gesetz zum Schutze von Gipfelunken“ erarbeitet wird.

Man kann das eingangs angeführte „Phänomen“ vor diesem Hintergrund als Kritik an der real existierenden Demokratie in einzelnen Staaten interpretieren. Man kann es als Gegenbewegung zu einer hyper – repräsentativen Demokratie verstehen. Man kann aber auch schlicht herausstellen, dass der Begriff „Demokratie“ vom Begriff „Demos“ (das Volk) abgeleitet ist. Das Volk und die Bürger nehmen schlicht ihr angestammtes Recht wahr.

Die Grundanliegen, die bei Menschen zu Engagement führen, sind mannigfaltig und haben oft einen moralischen Hintergrund. Es geht um Umweltschutz, die Menschenrechte, die kleinen Kinder in Afrika oder um Frauenrechte, Rechte von Senioren, Rechte von Kindern, von Geschiedenen, von Alleinerziehenden, von Steuerzahlern, von Verbrauchern, von Flughafenbetroffenen oder auch um meine ganz persönlichen Rechte und Wünsche.

Wesentlich für das verstärkte bürgerliche Engagement waren die Bildungsreformen der 60er und 70er Jahre, die letztendlich den Zugang zu Wissen für Alle über Bildung ermöglichten.

Das Internet und die neuen sozialen Medien bieten zusätzlich fast kostenfrei die Voraussetzung dafür, Informationen finden und bereitzustellen und darüber hinaus jede Form von Organisation abbilden zu können.

Es bleibt aber festzuhalten, was in den USA schon 1960 galt: „The flaw in the pluralist heaven is that the heavenly chorus sings with a strong upper class accent“! Oder auf Neudeutsch: “Hartz IV – Empfängern fehlen die Grund- voraussetzungen für jegliche Form von Interessenvertretung”! Wer seine Stromrechnung nicht mehr bezahlen kann, der kann seinen Computer nicht mehr anschalten.

Wenn man die USA mit Deutschland vergleicht, kann man natürlich immer Unterschiede erkennen. In den USA sollen Rentner schlagkräftig sein, Arbeitslosenverbände aber eher nicht. In Deutschland soll es keine relevanten Rentnerverbände geben aber sehr wohl Interessenverbände für Arbeitslose

Eine solche Betrachtung lenkt schlicht vom Wesen der Politik und deren Ergebnis ab!

Rentner sind in beiden Ländern immer wichtige Wählergruppen gewesen. Sie werden es bleiben. Deshalb gibt es Medicare in den USA und die Deutsche Rentenversicherung in Deutschland.

Arbeitslose sind in keinem Land gerne gesehen. Die USA waren da immer recht regide. In Deutschland haben die Schröderschen Reformen ihre erfolgreiche Wirkung gezeigt.

Hier kommen diese Grundüberlegungen zu ihrem Kern. Es mag zwar sein, dass irgendjemand auf diesem Planeten in einer postmaterialistischen Situation leben kann.  In Deutschland sind das z. B. die vielen Erben von Millionenvermögen. Ansonsten gilt weiter die Regel: „Wer zahlt schafft an“!

Wer also seine Anliegen als Krankenschwester, Vater, Mutter oder Steuerzahler anbringen möchte, beachte die alte Clintonsche Regel: „It’s the economy, stupid“!

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