Freitag, 8. März 2013

Statistiken – und das „Sexismus“ – Problem



Beliebtes Thema von statistischen Auswertungen ist das Geschlecht einzelner Individuen. Hier sollte man Distanz zu scheinbar allzu offensichtlichen Ergebnissen wahren.

90% der Insassen in deutschen Gefängnissen scheinen männlich zu sein. Frauen sind in Führungsetagen kaum vertreten. Die meisten Alleinerziehenden in Deutschland sind weiblich. Gründen Frauen Firmen, so ist die Sterberate der Unternehmen scheinbar höher als bei männlichen Gründern.

Die Liste der Beispiele läßt sich beliebig erweitern. 


http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3c/Michelina_de_Cesare.jpg
"Ausbruch aus der Geschlechterrolle - Eine Brigantin in Süditalien" (Quelle: Wikipedia / Lizenz: public domain)
Dem Laien und vielen „Experten“ erscheinen die Ergebnisse als so aussagekräftig, dass Männern Gewaltbereitschaft und Frauen Unfähigkeit vorgeworfen wird. Oder anders ausgedrückt: Männer haben ein Gewaltgen und die Gehirne von Frauen sind halt kleiner. Männer kümmern sich nicht um ihre Kinder. Frauen werden diskriminiert. Das mag alles so sein. Aus den Daten vieler Studien lassen sich solche „Wahrheiten“ aber selten tatsächlich ableiten.

Das hat mindestens zwei Gründe, die in der Methodik äußerst vieler Studien immer wieder zu erkennen sind:

Die statistischen Verfahren vieler Studien sind schlicht „defizitär“. Es „dominieren … elementare statistische Auswertungsverfahren“ wie „einfache Grundauszählungen“, „bivariate Analysen“, „Kreuztabulierungen“ oder „T-Test-Statistiken“([Q-026], S. 92f; [Q-058], S. 46f).

Gerade bei der Faktorenanalyse werden schlicht „multivariate (größer-„N=2“-dimensionale) Analysetechniken“ nicht angewendet ([Q-026], S. 92f; [Q-058], S. 46f). Das führt zu wertlosen „Nicht – Erkenntnissen“. Ein „Warum?“ kann so nicht beantwortet werden. Gerade multivariate Verfahren erlauben es schon eher, statistisch prüfen zu können ob tatsächlich das Geschlecht oder vielleicht die Körpergröße in Zentimetern, das Alter in Jahren oder die schulische Ausbildung in Jahren tatsächlich einen Einfluß besitzen.

Im Bereich der Gründungsforschung zeigt sich beispielsweise, dass auf der persönlichen Ebene die Berufserfahrung oder die Führungsverantwortung  in Jahren von Gründern einen klaren Einfluß auf die Erfolgsaussichten einer Gründung haben.

Auf der Makroebene ist es entscheidend, in welchem Metier gegründet wird. Industrie – nahe Gründungen haben eine recht hohe Überlebenswahrscheinlichkeit. Coffee – Shops oder Nagelstudios haben diese statistisch gesehen eher nicht.

Haben weibliche oder männliche Gründer die gleiche Berufserfahrung, so lassen sich bei der Gründung von Nagelstudios keine geschlechtsspezifischen Unterschiede mehr erkennen.

Diese statistische Bösartigkeit, dass es unter vergleichbaren Bedingungen gerade keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, ist für uns Menschen schwer zu akzeptieren. Man sollte sich aber darauf einlassen, um herausarbeiten zu können, was tatsächlich die Ursache dafür ist, warum Frauen Alleinerziehende sind, Männer im Knast landen oder das Einkommen von Frauen „im Durchschnitt“ geringer ist.

Vorurteile hat der Mensch schon ohne „statistische Belege“ in rauen Mengen.

In höchstem Maße unangenehm ist es  allerdings, dass wissenschaftliche Studien in sehr vielen Wissenschaftsfeldern "Nichtergebnisse" produzieren. Hier ein Link zum Thema Neurowissenschaften.


Quellen:


[Q-026] – Brüderl, J.: „Determinanten der Überlebenschancen neugegründeter Kleinbetriebe”; 1991; http://doku.iab.de/mittab/1991/ 1991_1_mittab_bruederl_preisendoerfer_baumann.pdf

[Q-058] – Metzger, Georg: “High-Tech-Gründungen in Deutschland - Zum Mythos des jungen High-Tech-Gründers”; 2010; ftp://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/hightechgruendungen10.pdf
 

Keine Kommentare: