„Die
Literatur beschreibt (den) Spin Off (-Prozess) als eine marktorientierte Verwertungsoption
von privatwirtschaftlichen oder staatlichen Forschungsinstitutionen“ ([Q-037], S. 24).
Ein systemanalytisch
ausgebildeter Informatiker muss sich bei der Sichtung der in der
Gründungsliteratur vorgeschlagenen Prozess- oder Phasenmodellen an die „Softwarekrise“ der 60-er und 70-er
Jahre des 20-ten Jahrhunderts erinnert fühlen, so er von dieser noch Kenntnis
hat. Die Systemanalyse und deren
Methoden und Prozessmodelle wurden als Antwort auf diese Krise
professionalisiert und strukturiert ([Q-084], S. 3-19ff).
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"Bundespräsident Scheel demonstriert 1977 in Mexico ein erfolgreiches Vorgehensmodell - hier ist es Golfing" (Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany) |
Die meisten der Prozessmodelle im Gründungsbereich lassen derartige Erkenntnisse außen vor und beinhalten
als notwendige Grundbausteine eines Projektes immerhin die Analyse, die Strategie
und abgeleitete Maßnahmen.
Grundsätzlich fehlen den meisten Prozessbeschreibungen das
Momentum des Innehaltens und die Betrachtung
der Notwendigkeit von Unterschriften.
Die Erkenntnisse der Systemanalyse werden nicht einbezogen.
Ein Start Up- oder Spin Off – Gründungsprozess wird dem entsprechend
als eine sequentielle Abfolge von
Phasen beschrieben. Die Phasen sind selten detailliert beschrieben und in
Quellenangaben wird aufeinander verwiesen.
Ein „Innehalten“ findet nicht statt. Jede Prozessphase
benötigt als Abschluss aber eine Bewertung. Wie ist der Stand? Wurde alles
betrachtet? War die bisherige Vorgehensweise ausreichend? War die Ressourcenplanung ausreichend? Sind die
Meilensteine erreicht? Bleibt das
Arbeitsziel fokussiert? Wäre ein Abbruch des Projektes zweckdienlich? Müssen Iterationen durchgeführt werden? Diese
Fragenstellungen werden – wenn überhaupt – nur angedeutet.
Meilensteine bieten die Möglichkeit, diese Fragen zeitlich
Tag-genau und inhaltlich zu klären. Am Ende einer Prozessphase oder eines Prozessschrittes muss eine Ausarbeitung
in Dokumentform vorliegen. Dies kann
ein Business-Plan, ein Finanzierungskonzept, ein Maßnahmenkatalog oder ein
Vertragsentwurf oder ein Vertrag selbst sein.
Und „rechtsgültig“
(sei es notariell oder betriebsintern) wird ein solches Dokument und damit eine
Phase oder ein Phasenschritt oder ein Vertrag genau mit einer Unterschrift.
Pragmatisches Wissen
kann hier gute Hinweise liefern, formales ebenfalls.
In der Literatur ist das folgende primitive Phasenmodell schon
eines der besseren ([Q-027], S. kA):
1)
Geschäftsmodellsuche: Identifizieren von Technologien mit kommerziellem Potential.
Diese Phase kann aktiv geplant (siehe Full-Service- Inkubatoren) oder eher
unstrukturiert durchgeführt werden.
2) Prüfung
bestehender Schutzrechte: Es wird geprüft, ob Schutzrechte (Patente,
Markenrechte etc.) vorliegen und verletzt werden können oder ob für die
Gründung solche Schutzrechte erworben werden müssen. In dieser Phase wird
geprüft, welche Form der kommerziellen Verwertung angemessen ist. Lizensierung,
Patentverkauf oder eine Firmengründung bieten sich als Alternativen an.
3) Potentialprüfung:
Welches Marktpotential liegt vor? Kann man Vergleiche zu bestehenden Projekten
ziehen und Rückschlüsse bilden?
4) Businessplan-Erstellung:
Die Entwicklung eines Businessplans dient der intellektuellen Durchdringung der
Problemstellung. Im Detail werden Geschäftsmodell, Ressourcen und insbesondere
Finanzierungs- und Rechtsfragen analysiert und niedergeschrieben. Der Businessplan
selbst beschreibt die zu gründende Firma (irgendwie) vollständig.
5) Mittel-Akquise:
Finanzmittel und andere Ressourcen werden für die Gründung eingeworben.
6) Formale Gründung:
In dieser Phase werden die Vorüberlegungen in eine Gründung überführt. Die
Firma wird angemeldet. Finanzierungsverträge, Arbeitsverträge,
Lieferantenverträge etc. werden unterschrieben.
Selbst der Laie kann erkennen, dass derartige von Akademikern erarbeitete Vorgehensempfehlungen nicht weit tragen.
Daher sollten
Akademische Gründer immer auf den Sachverstand außerhalb universitärer
Inkubatoren bauen!
Quellen:
[Q-027]
– Clarysse Bart: “SPINNING OUT NEW VENTURES: A TYPOLOGY OF
INCUBATION
STRATEGIES FROM EUROPEAN RESEARCH INSTITUTIONS”; 2004;
keine Seitenangaben
[Q-037] – Gassmann, O.: “Technologieverwertung durch
Spin-off“; 2003
[Q-084] – Krallmann, Herrman: “Vorlesungsskript Systemanalyse I“;
1988;
Technische
Universität Berlin
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