Dienstag, 4. Juni 2013

Der Europäische Forschungsraum – was kündigt sich da an?



Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW); 03.65.2013

Das Jahresthema 2013 / 14 der Berlin Brandenburgischen Akademie der Künste (BBAW) lautet „Zukunftsort: EUROPA“. Als Einstieg diente die gestrige Fachkonferenz „Der Europäische Forschungsraum – Wie kann Berlin / Brandenburg die Umsetzung gestalten?“.

Die BBAW wird in den kommenden Monaten auf gekonnte Weise das Thema mit Literatur und Vortragsabenden fassen. 

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Nun sind EU-Kommission, Rat und die EU-Staaten schon immer recht rege gewesen, wenn es darum ging, Initiativen und Pläne für Europa anzukündigen und Zukunft auf Papier zu beschließen. „Lissabon“ steht heute für die Verträge zur Neuausrichtung der EU. Es gab aber bereits im Jahr 2000 die Lissabon – Initiative, die nicht weniger zum Ziel hatte, als: „make Europe, by 2010, the most competitive and the most dynamic knowledge-based economy in the world“. Dass das geklappt hat, wird wohl niemand behaupten wollen.

Betrachtet man den weltweiten Rahmen, dann fällt auf, dass Staaten mit hohen F&E-Ausgaben tendenziell ein höheres BIP pro Einwohner haben. Europa steht im weltweiten Vergleich momentan nicht völlig schlecht da. Das gilt aber nicht für alle Einzelstaaten und die Perspektiven sehen eher düster aus.

Nimmt man die USA als Vorbild, so sieht sogar Deutschland schlecht aus. Die Bundesrepublik liegt innerhalb der EU in der Spitzengruppe. Aber selbst die Regionen und Bundesländer mit den höchsten Forschungsaufwendungen hierzulande (Bayern oder Baden-Württemberg) erreichen gerade den Median aller US-Bundesstaaten. EU-Staaten wie Portugal, Spanien, Griechenland oder auch Estland als Schlußlicht geben prozentual eindeutig viel weniger Geld für F&E aus als Deutschland oder Schweden und immer weniger als Japan, die USA und bald auch China. Diese EU-Staaten senken den Schnitt Europas deutlich.

Der Anteil der EU an den weltweiten F+E-Ausgaben ist von 28,7% im Jahr 1995 auf mittlerweile 22,3% gesunken. Der Anteil Chinas stieg im gleichen Zeitraum um 8%-Punkte.

Noch beeindruckender sind die Erfolge Chinas oder z.B. Südkoreas bei den Patentanmeldungen. In manchen Jahren lagen die jährlichen Steigerungsraten dort bei 50%! Jährlich! 50%!

Nun also soll der „Europäische Forschungsraum (EFR)“ es richten. Der ist nun tatsächlich im Lissabonvertrag gefasst worden. (Wen es interessiert: die Artikel 179, 182(5) und 4(3) AEUV geben den Rechtsrahmen vor.)

Es soll auf traditionell europäische Weise geklotzt werden. Über das Rahmenprogramm Forschung und Innovation sind bis 2020 immerhin 80 Milliarden € für die Mitgliedstaaten eingeplant worden. Drei Schwerpunkte werden benannt: Wissenschaftsexzellenz, die führende Rolle der Industrie und gesellschaftliche Herausforderungen.

Grundsätzlich ergibt sich ein stets vorhandenes europäisches Problem. Die großen, potenten EU-Staaten haben ihre eigenen wettbewerbsfähigen Wissenschaftssysteme. The United Kingdom hat Cambridge und Oxford, Frankreich hat seine Elite-Enas und Deutschland hat seine eigene Exzellenzinitiative (sic!)! Daher sieht Artikel 4(3) AEUV vor, dass der Europäische Forschungsraum und die nationalen Förderprogramme harmonieren sollen.

Für kleine Mitgliedsstaaten ist die europäische Forschungsförderung extrem interessant und existentiell wichtig. Hier kann man den Charakter der EU als Transferunion gut erkennen und bejahen. Aber auch Deutschland bekommt Gelder. Die TU Berlin soll mittlerweile 24% ihrer Drittmittel über die EU einwerben.

Im Endeffekt werden 27 nationale Wissenschaftssysteme auf einzigartig europäische Weise mit dem EFR eine EU-europäische ganz eigene Art der Harmonie suchen.

Die Ziele und Grundprinzipien des EFR sind im Prinzip die von EFRE und ESF. Die Förderung des Wettbewerbs, der länderübergreifenden Zusammenarbeit, die Förderung der Mobilität durch einen offenen Arbeitsmarkt für Forscher und der Austausch von Erkenntnissen sollen und werden von der Kommission angestrebt werden

Das Programm erscheint im Detail noch diffus zu sein. Die Skepsis kam in der Veranstaltung auch zum Ausdruck! Aber bereits 2014 soll der EFR laut Beschlußlage des Europäischen Rates existieren. Grins.

Zwei Dinge förderten die Vorträge auch zu Tage. Die Kommission ist in der gegenwärtigen krisenhaften Lage durch die Dauerkritik aus den Mitgliedsstaaten angeknockt. Und Herr Matthias Kleiner macht sogar noch Karriere.

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