Museum für Naturkunde, Berlin, 24.05.2012
Gestern fand im Museum für Naturkunde (MfN) ein wunderbarer
Vortrags- und Diskussionsabend statt, der sich mit Auswegen aus einer der
großen biologischen Krisen unseres Planeten beschäftigte. Wie kann man eigentlich
eine Katastrophe aufhalten? Pflanzen- und Tierarten sterben in atemberaubendem
Tempo aus.
Im Rahmen der „Woche der Biodiversität“ veranstaltete das
MfN diesen Abend. „Biodiversität“ ist übrigens der Ausdruck der Wissenden für
den Ausdruck „Vielfalt der Arten“ der Unwissenden.
Das Thema des Abends war „Der Wert der Arten – alles in
Heller und Pfennig?“ Die Runde der Vortragenden war hochkarätig besetzt. Der
Generaldirektor des MfN Prof. Dr. Johannes Vogel war begrüßender und sehr engagierter
Teilnehmer. „Willkommen im Haus des Lebens und der Zukunft!“
Prof. Dr. Tockner (Direktor eines Leibniz-Instituts), Dr.
Plieninger ( Leiter einer Arbeitsgruppe bei der Berlin-Brandenburgischen
Akademie der Wissenschaften) und Prof. Dr. Hansjürgens (Helmholtzzentrum für
Umweltfragen). Alle vier Redner beschrieben eindrücklich die Lage, in der sich
unser Planet befindet.
„In den Gewässern“
wie an Land sterben Arten aus. Nur „Parasiten stehen nicht auf der Roten Liste.“
Nur der „Zugang zur Natur löst Emotionen aus“, die dem Artensterben Einhalt
gebieten können. „Die Leistung von Ökosystemen hat keinen Preis.“ Daher müssten
„Ökosystemdienstleistung in Geldwerte“ gefasst und verkauft werden können, um
insbesondere „Entscheidungsträger“ einbinden zu können.
Diesem Tenor gab als fünfte Rednerin Frau Prof. Dr. Kirsten Meyer (Institut für
Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin) einen weisen „Spin“! Ohne „Ästhetik“
seien gerade die Entscheidungsträger nicht auf allen Ebenen erreichbar!
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie angemessen
die Gruppe der Vortragenden ausgewählt worden war! Hier kamen Vertreter
verschiedenster Fachrichtungen zusammen. Gerade Frau Prof. Meyer führte die
Diskutanten mit ihren wohl durchdachten Anmerkungen und Fragestellungen zu
immer neuen Widerworten, Überlegungen und Betrachtungen.
Es ist eine unangenehme Angewohnheit des Museums für
Naturkunde, Vortragsabende dieser Qualität immer nur vor einem Publikum von
vielleicht 40 Personen stattfinden zu lassen. Daher besuchen viel zu häufig nur
Eingeweihte, vorinformierte Forscher und leidenschaftliche Bürger die Veranstaltungen.
Auch gestern kamen aber gerade aus diesem Publikum begründeter Widerspruch! Es wurden nüchterne, emotionslose Fragen gestellt. Wenn die
Überforderung der Landwirtschaft so fortgeschritten ist, warum liefern unsere
Bauern solche Mengen an Lebensmitteln? Und warum sind die Böden nicht zerstört?
Wenn man die Menschen nur dazu „kriegen muss, sich zu bewegen“, warum sind wir
dann letztendlich doch alle „Teil des Systems?“
Das Museum für Naturkund in Berlin hat als Gebäude schon
bessere Zeiten erlebt. Eine Klimaanlage gibt es im großen Ausstellungsraum
nicht! Zu ihren Lebzeiten hätten sich die drei Meter zur Linken stehenden
Dinosaurier auch wegen der Luftfeuchtigkeit am gestrigen Abend sehr wohlgefühlt. Tot sind sie
allemal.
Es stellt sich die Frage, ob dieser wunderbare Abend nicht
doch drei Schwächen hatte!?!
War er nicht Eurozentrisch? Was kümmern die anderen 6.5
Milliarden Menschen unsere Ansichten, nachdem wir Europäer unseren Kontinent
schon seit langem von allem Lebendigen befreit haben, was nicht „in Heller und
Pfennig“ zu fassen war?
Ist die Beschwörung des „Anthropozän“ – der Mensch
herrscht allein über die Naturgewalten – nicht ein wenig voreilig? Jeder kleine
Tornado könnte das Berliner Regierungsviertel lahmlegen! Angeblich besiegte
Krankheiten sprechen auf modernste Medikamente nicht mehr an! Die Gesetze der
Physik und die Wechselbeziehungen zwischen „Jäger und Beute“ gelten auch für
uns.
Und ist das monetäre - die Ökonomie - aus philosophischer Sicht nicht schon an dem
Tag Teil unseres Wesens geworden, als wir „Mein und Dein“ unterscheiden
konnten?
Jeder Professor sollte wissen, dass die gestrige Abendveranstaltung ein Schmeißen von Perlen war! Ohne Gäste gibt es kein Gehör. Public Affairs sieht anders aus!
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