Sonntag, 20. Mai 2012

Wenn das Herz Angst macht!


In Deutschland leiden bis zu 2 Millionen Menschen unter Herzrhythmusstörungen. Erprobte minimal-invasive Behandlungsmethoden bieten heute in sehr vielen Fällen die Möglichkeit der vollständigen Heilung. 

Jan Heinrich*, 45 Jahre alt, ist Musiker am Deutschen Theater in Berlin. Der schlanke, fast zwei Meter große Mann schüttelt seine lang gewachsenen Haare. Ich weiß noch genau, wie alles anfing. Ich kam nach hause und im Treppenhaus bekam ich keine Luft mehr. Mir wurde schwindelig und ich schwitzte. In der Wohnung habe ich dann bestimmt eine halbe Stunde lang zitternd auf meiner Couch gelegen. Ich wusste überhaupt nicht, was los war. Irgendwann hörte es dann endlich auf! 


 Nachdem bei ihm in den folgenden Monaten dieser Zustand mehrfach aufgetreten war, ging der Musiker zu seinem Hausarzt. Die Untersuchung ergab zunächst keinen Befund. „In dem darauffolgende halben Jahr kam das immer wieder. Ich schwitzte, bekam schlecht Luft und hatte richtig Angst. Ich bin dann wieder und wieder zu meinem Arzt, der mich dann an einen Kardiologen überwiesen hat. Und der konnte dann endlich die Diagnose stellen. Herzrhythmusstörung. Vorhofflimmern. 

So wie dem Musiker ergeht es vielen Menschen in Deutschland. Circa 2 Millionen Erwachsene leiden unter Herzrhythmusstörungen. Die Symptome sind zunächst nicht klar zuzuordnen.  Einigen Menschen wird beim Laufen schlecht, andere erleiden wiederkehrend Schweißausbrüche und bekommen Angst. Bei anderen wiederum fängt  das Herz einfach an zu rasen. 

Frau Marita Seit*, Allgemeinmedizinerin aus Berlin Moabit, meint:Der Patient berichtet von Herzrasen oder Atemnot. Wenn man sein Herz abhört, ist aber akut häufig nichts festzustellen. Ein an sich kerngesunder Mensch sitzt vor mir. Die Störung tritt häufig anfallsweise auf. So droht manchen Patienten ein langer Leidensweg, bis das Problem erkannt ist. Häufig werden psychische Ursachen vermutet.  Dies ist ein Grund, warum Patienten, die psychiatrisch wegen Ängsten behandelt werden, oft auch kardiologisch untersucht werden, um körperliche  Ursachen auszuschließen. 

Jan Heinrich* musste erst einmal lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Die Diagnose hat mir im höchsten Maße Angst gemacht. ‚HERZRHYTHMUSSTÖRUNG‘. Das klang einfach lebensbedrohlich für mich. Ich bekam dann sofort Beta-Blocker als Medikament verschrieben, aber ich fühlte mich gar nicht gut. Ich dachte erstmalig in meinem Leben ans Sterben.“  

Quelle Wikipedia
 
Es gibt verschiedene Formen von Herzrhythmusstörungen.   Grundsätzlich kann man feststellen, dass die Weiterleitung der elektrischen Signale im Herzen gestört ist. Medikamente können hier  in vielen Fällen helfen.  Dr. Pecker*, niedergelassener Kardiologe aus Berlin Charlottenburg, kann dies einschränkend bestätigen: Natürlich sind Antiarrhythmetika notwendige Bestandteile der Behandlung. Bei manchen meiner Patienten wirken Sie aber nur begrenzt. Patienten leiden sehr stark, wenn es trotz Medikamentation zu einem  Anfall  kommt. Zudem  gibt es  je nach Dosierung Nebenwirkungen. Ich verschreibe einem jungen Mann nur äußerst ungerne eine medikamentöse Kastration.
 
Das tägliche Leben wird schwierig
Nach einem Jahr ohne Herzanfall hatte Herr Heinrich mitten bei  den Proben zu einer Uraufführung erneut  eine Attacke. Das hat mich wirklich getroffen. Ich habe nur noch auf mein Herz gehört. Regelmäßig hatte ich zum Schluss wöchentlich Vorhofflimmern. Die Medikamente halfen nicht richtig. Ich fing an, mein tägliches Leben nach meinem Herzen auszurichten.


Damit steht er nicht allein. Ein erfahrener Hochseekapitän auf der Route Hamburg-Singapur-China steuert einen Hafen nur an, wenn eine Flasche eiskalten stillen Wassers stets auf der Brücke griffbereit ist. Eine langjährige Bundestagsabgeordnete hat Panik vor jeder Rede, da Sie einen Anfall fürchtet.  Patienten haben völlig berechtigte Ängste. Was passiert, wenn eine Herzattacke während einer Autobahnfahrt oder während des Gespräches mit einem Vorgesetzten auftritt? Da einige Patienten Herzrhythmusstörungen beim Bücken bekommen, binden sich diese  Ihre Schuhe nur noch aufrecht sitzend. 


Sein Kardiologe legte Jan Heinrich* letztendlich eine operative Therapie nahe, die Ablation. Natürlich fühlte ich mich beim Gedanken an eine Herz-OP unwohl. Leider schlugen die Medikamente nicht an. Es musste etwas geschehen. Und das Verfahren verspricht Gesundheit.“ Nach einer umfangreichen Voruntersuchung mit EKG, Ultraschall und Blutbild wurde er dann an die Rhythmussprechstunde der Charité überwiesen. Ein OP-Termin stand noch am gleichen Tag fest. Das Problem sollte durch das Veröden unnötiger Nervenbahnen des Herzens behoben werden. 


Oberarzt Thomas Vogtmann von der Kardiologischen Station 133 der Charité hebt die Vorteile der Ablation hervor. „Die Methode verspricht wirkliche Heilung.“ Patienten müssen sonst fallweise bei Attacken ins Krankenhaus, um Anfälle medikamentös stoppen zu können. Viele Patienten erlernen Techniken, um zumindest manchmal eine Attacke selbst beenden zu können. „Ich kenne den Fall einer alten Dame, die bei einem Anfall im Handstand Yoga-Übungen machte, um der Herzrhythmusstörung entgegenzuwirken.


Die Ablation
Bei vielen Arten von Herzrhythmusstörungen, ist im Herzen Nervengewebe gewachsen, das überflüssig ist und die Störung auslöst. Diese  Bahnen können durchtrennt werden. Über kleine Hautschnitte links und rechts in der Leistengegend werden Katheter entlang der Hauptadern bis zum Herzen geführt. Der eine Katheter dient der Untersuchung. Mit niedrig dosierten elektrischen Impulsen, wird versucht, die Störung auszulösen und die Quelle örtlich genau zu bestimmen. Der technische Aufwand ist enorm. An sieben Bildschirmen verfolgen die Ärzte während der Behandlung Röntgenbilder und können zwei- und dreidimensionale Herzbilder sehen. 


Sobald die Störungsquelle millimetergenau bestimmt ist, wird über den zweiten Katheter genau an dieser Stelle durch Hitze oder Kälte das störende Nervengewebe durchtrennt.
rfolgsaussichten und Risiken sind je nach Ausprägung der Erkrankung verteilt und können vom behandelnden Operateur bestimmt werden. Die Heilungsrate liegt zwischen 50 und 95%. Die Häufigkeit von schweren Problemen wie einem Schlaganfall oder einer Herzschädigung bei bis zu 5%.


Bei Jan Heinrich* führte die Operation zum Wunschergebnis. „Nach der Operation, die sechs Stunden gedauert hat, musste ich noch einen halben Tag mit Druckverbänden liegen. In den nachfolgenden Wochen stolperte das Herz manchmal. Das Vorhofflimmern ist jetzt seit einem Jahr ohne Medikamente nicht mehr aufgetreten.


Kardiologe Dr. Pecker*bestätigt die guten Erfolgsraten der Ablation: „Da, wo die Methode heute anwendbar ist, ist der Erfolgsfaktor so enorm, dass Sie die Behandlung der Wahl ist.


Die alte Dame hat Ihre Herzrhythmusstörungen ebenfalls abladieren lassen. Da Sie körperlich nicht mehr so kräftig ist, hat ihr Mann ihr vor kurzem ein Drehgestell gebaut. Er sichert Sie an den Fußgelenken und stellt sie auf den Kopf.  Kopfstand und Yoga machen Ihr Spaß.

* Alle Namen wurden geändert!

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