Montag, 7. Mai 2012

Mozart upgraded

Akademie der Künste, Berlin, 06.05.2012

Die Akademie der Künste in Berlin hat momentan den „Monat der Stipendiaten“. In diesem Rahmen war an diesem Sonntag eine kleine Perle zu besichtigen. Tilman Hecker gab Einblick in seine Regiearbeit zur Aufführung der Mozart – Oper „La Finta Giardiniera“ am Opernhaus Wuppertal. Wie führt man eine technologische Innovation ein und wie füllt man sie mit Sinn?
 
Die Aufführung hat keineswegs zu überwältigend positiven Theaterkritiken geführt. Dies war jedoch nicht zu erwarten gewesen. Das Stück gilt nicht als eines von Mozarts besten. Es gehört nicht zu seinen „big five“. 
 
Was den Kritikern ein wenig entging, war, dass Tilman Hecker den Einsatz von Videoprojektionen verfeinert hat. Eine Inszenierung wird live ohne Tonaufnahme aufgezeichnet. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird das bisher Gefilmte dann während der Aufführung auf den Bühnenhintergrund projiziert und interagiert dann mit dem weiteren Geschehen auf der Bühne.
 
Diese Technik hatte Tilman Hecker erstmals bei seiner Arbeit zu „Narcissus und Echo“ in Salzburg eingesetzt. Der erste Teil des Stücks wurde gefilmt. Auf der Bühne war nur Narcissus zu sehen. Zuschauer und Kamera sahen das Bild, dass auch Echo sah. Mit dem Ende der tödlichen Liebe von Echo zu Narcissus – sie erstarrt zu Stein -  startete die Videoprojektion.
 
Narcissus sieht nun das (Video)bild seines verführerischen Selbst, in das sich Echo verliebt hatte, verliebt sich in sich selbst und – stirbt letztendlich ebenfalls. Ende.
 
In Wuppertal wurde diese Methode erweitert. Die Aufführung wurde auch hier aufgezeichnet. Ab einem bestimmten Zeitpunkt startete dann die erste Projektion.  Hier wurden aber bis zu drei Videoebenen eingesetzt. Wie das Bild in einem Bild in einem Bild, das eine Kamera von einem Fernseher aufnimmt, wurde dies jeweils auf die Rückwand der Bühne projiziert. 

Während einer Aufführung bedeutet dieser Technologieeinsatz, dass – wenn alles abgestimmt abläuft -  ein vor einer halben Stunde gefilmter Schauspieler über die Videoprojektion live mit der realen Aufführung, mit sich selbst oder anderen Ebenen oder Schauspielern interagieren kann. Gesungen wird übrigens nur vom Schauspieler auf der Bühne.

Es ist nachvollziehbar schwierig, diese Inszenierungsebenen zu choreographieren. Eine Szene im dritten Akt muss mit einer gefilmten Szene im zweiten und einer davor gefilmten Szene im ersten Akt zusammenpassen.
Es wäre Hybris, wollte man den Aufwand einer solchen Regiearbeit beschreiben! Tilman Hecker hat während des Vortrags in der Akademie der Künste seinen Werkzeugkasten knapp umrissen. Softwarepakete zur Zeitplanung gehören dazu, Videotechnik und erneut - software, kleine Spielzeugbühnen mit Pappfiguren. Der Rest ist Opernfans wohlbekannt. Der Probebühne folgen nach Wochen der Vorarbeit die Generalprobe, eine Uraufführung und die möglichst täglichen Aufführungen. 

Eine Perle bleibt eine Perle.

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