Seit Februar 2012 werden in der
Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) regelmäßig Vorträge
zum Thema „Wissenschaftliche Politikberatung“ gehalten. Dankenswerterweise kommen die
Dozenten nicht nur aus Deutschland sonder auch aus den USA.
Ortwin Renn berichtete als
Akademiemitglied von der Arbeit der Ethikkommission nach Erdbeben, Tsunami und
dem Reaktorunfall in Fukushima. Aus seiner Sicht legitimiert der Abschlussbericht
der Kommission den Ausstiegsbeschluss der Bundesregierung. In Demokratien
werden allerdings politische Fragen – wie der Ausstieg aus der Kernenergie – durch parlamentarische
Mehrheitsbeschlüsse legitimiert.
Naomi Oreskes (University of
California, San Diego) stellte die Ergebnisse einer feinen Studie vor. Wer ist
in den USA federführend daran beteiligt, wenn der Klimawandel verneint wird
oder Nichtrauchergesetze bekämpft werden sollen? Warum geschieht dies
überhaupt? In ihrer Untersuchung kommt Frau Oreskes zu dem Ergebnis, dass
tatsächlich eine sehr kleine Gruppe (eine Handvoll) Argumentationspapiere
erstellt und damit eine große Medienwirkung entfalten kann. Da kann ein „Institut
für …“ tatsächlich im Wohnzimmer eines Aktivisten angesiedelt sein. Gewissermaßen ein "Couch-Institute".
Man kann
dies als „Graswurzel-Lobbyismus“ betrachten. Bürger voller Engagement verteidigen
ihre Vorstellung von Freiheit. Die Möglichkeit eines Klimawandels wird
abgelehnt, weil der Staat in die Freiheitsrechte des Einzelnen eingreift,
sobald er die Erderwärmung bekämpft. Der Begriff der „Freiheit“ hat in den USA
eine viel stärkere Bedeutung als in Deutschland. Unser momentaner Bundespräsident hat mit seiner Ode an die Freiheit eine Gegenwehr erlebt, die in den USA höchstwahrscheinlich mit Erschrecken wahrgenommen wird! Wenn überhaupt!!!
In dem Zusammenhang fällt mir immer
das Beispiel New Hampshire ein. Staatsmotto dort drüben lautet: „Live free or
Die!“. Bis zur Volljährigkeit müssen Autoinsassen Sicherheitsgurte anlegen. Für
den erwachsenen freien Bürger entfällt diese Pflicht.
„Occupy“ ist letztendlich eine
andere und trotzdem ähnliche Form dieses Lobbyismus; ebenso „Stuttgart 21“, der
Aufstieg der Piratenpartei oder „Blockupy“. Naomi Oreskes zeigte sich dennoch
erstaunt darüber, das die von ihr untersuchten Freiheitsaktivisten gar keine
Wissenschaftler seien und aus dem Umfeld von „Los Alamos“ entstammten. Teller
lässt grüßen.
Der beeindruckende Vortrag von
Robert Pielke jr. (University of Colorado) betrachtete die Geschichte der “Science
Advisors” der US-Präsidenten seit Truman. Diese gehören übrigend nicht zum "inner circle" des Präsidenten, da sie vom Kongress befragt werden können. Sollten in Zukunft Aliens die USA angreifen, so wird der Science Advisor bei den entscheidenden Sitzungen nicht anwesend sein.
Pielke stellte zwei einfache Ideen in den Vordergrund. Wissenschaftliche Politikberatung bedeutet, dass man sich im Feld der Politik bewegt. Zweitens entschärft man dann ideologische Widerstände aus seiner Sicht am Besten, indem man reale, auswählbare Handlungsalternativen anbietet.
Pielke stellte zwei einfache Ideen in den Vordergrund. Wissenschaftliche Politikberatung bedeutet, dass man sich im Feld der Politik bewegt. Zweitens entschärft man dann ideologische Widerstände aus seiner Sicht am Besten, indem man reale, auswählbare Handlungsalternativen anbietet.
Dirk Messner vom Deutschen Institut
für Entwicklungspolitik (DIE) ließ klar erkennen, dass er aus einer deutschen „Ressortforschungseinrichtung“
stammt. Eine solche Einrichtung ist einem Ressort, also einem Ministerium
unter- oder nachgeordnet. Genauso verhält sie sich. Wissenschaftliche Themen
werden aufbereitet. Zur Sicherheit werden Wunsch und Wille der Politik vor und bei
der Erstellung von Expertisen erahnt.
Die Veranstaltungen sind insgesamt sehr erfrischend, leider
schlecht beworben und leider schlecht besucht. Der Unterschied im
Politikverständnis zwischen Deutschland und den USA ist spürbar. Dass es „Wahrheit“
als politischen Begriff nicht geben kann, ist deutschen Wissenschaftlern fremd.
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