Mittwoch, 23. Mai 2012

Europa und das Deutsche Wesen


Oder, wie man sich Sympathien gründlich verscherzen kann.

Im Kulturinstitut der italienischen Botschaft in Berlin wurde heute Abend das Buch „Italien, Österreich und die Bundesrepublik Deutschland in Europavorgestellt. Luigi Vittorio Graf Ferraris (in den 80er Jahren Botschafter Italiens in Bonn) nutzte den Abend zu einem eindrücklichen Appell, bei der Bekämpfung der Euro-Krise Rücksicht auf die Situation in Italien zu nehmen.

Der italienische Botschafter Michele Valensise sprach das Grußwort und beschwor die Europäische Idee. Der österreichische Botschafter Dr. Ralph Scheide schloss sich nahtlos an und verwies auf den gemeinsamen Rechtsrahmen und die Friedfertigkeit Europas. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass die Balkankriege nicht lange zurück lägen. Emotionen waren zu spüren.

Frau Dr. Christiane Liermann leitete als wissenschaftliche Referentin der Villa Vigoni (Deutsch-Italienisches Zentrum) die Diskussion. Mit dem dritten Referenten würde sie es schwer haben. Michael Gehler (Universität Hildesheim) sprach als einer der beiden Autoren insbesondere über das Verhältnis Bruno Kreiskys, des ehemaligen österreichischen Kanzlers, zu Italien (Südtirol-Frage) und Deutschland. Maddalena Guiotto (Fondazione Bruno Kessler – Italienisch-Deutsches Historisches Institut Trient) skizzierte die Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Verhältnis Italiens zu Bonn, Berlin oder aber Wien. Kurz tauchte der Begriff der „Erbfeindschaft“ zwischen Italien und Österreich-Ungarn auf.

Dann sprach Luigi Vittorio Graf Ferraris. Er verdeutlichte, dass „die gemeinsame Gefahr in der Entwicklung Europas“ liege. „Eine eigenartige Revolution“ habe stattgefunden. Es könne sein, dass Europa an der "Schwelle zur Änderung seiner Marktwirtschaft" überhaupt stehe.

Dabei gehe es insbesondere Deutschland wirtschaftlich erheblich besser als Italien. Er stellte die Frage, ob in Deutschland überhaupt gesehen würde, wie schwierig die Situation für die italienische Mittelschicht gegenwärtig sei. Die Euro-Politik Deutschlands komme in Italien nicht besonders gut an. „Egoismus“, „Selbstgefälligkeit" und „Angriff auf die Macht“ seien Begriffe, die zur Beschreibung dieser Politik verwendet würden.

Es würden wieder Stereotypen zwischen den Nationen Europas verwendet und diese hätten ein langes Leben.

Vielleicht sollte eine deutsche Bundesregierung einem solchen Abend mehr Aufmerksamkeit schenken. Botschafter a.D. Ferraris war sehr höflich. Seine Worte muss man dennoch als einen eindringlichen Hinweis verstehen. 

Wer soll in Zukunft all die schönen deutschen Produkte kaufen, wenn „deutsch“ nicht mehr gemocht wird?

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