Mittwoch, 6. Juni 2012

25 Zuhörer – 1 Professor


Berliner Stadtbibliothek: „Die Zunahme des Güterverkehrs in Berlin von 1890-1938“

Im Detail ging es heute um die Zunahme des „Stückgüterverkehrs“. Und irgendwie ging es auch darum, wie man eine recht spezielle, eigentlich sehr interessierte Zuhörerschaft binnen einer Dreiviertelstunde um 20% minimieren kann.

Der vortragende Prof. Dr. Richard Vahrenkamp von der Universität Kassel ist Mitglied des „Vereins für die Geschichte Berlins e.V., gegr. 1865“.

Zum Thema. Berlin wurde im Mittelalter an der „Kreuzung von Transportwegen gegründet“. Diese verliefen und verlaufen von Nord nach Süd und von Ost nach West.

Die Versorgung von Berlin mit Konsumgütern erfolgt zu einem Großteil über Stückgüter, die als „Kartons oder Holzkisten“ angeliefert wurden und werden. Heute, im Internetzeitalter, ist dieser Warenverkehr „explodiert“. (Man denke an UPS oder DPD, welche die Warenwelt von Amazon oder Zalando ausliefern.)

Im 19ten Jahrhundert übernahm die Bahn diese Logistikaufgabe. Kaufhäuser und Markthallen boten die Waren dem Endverbraucher an. Die Stückgüter wurden in die Städte an zentrale „Zugbildungsbahnhöfe“ versendet. Von diesen wurden sie an „lokale Güterbahnhöfe“ in sogenannte „Schuppen“ ausgeliefert. „Rolldienste“ - von Pferden gezogen - lieferten die Güter an die Markthallen.

Berlin folgte diesem theoretischen Ansatz allerdings nie. Es gab verschiedenste „Kopfbahnhöfe“, die durch die Ringbahn miteinander verbunden waren. Und überall trat das „Problem der Überfüllung“ auf. Es gab zu viele Waggons und Stückgüter, die täglich an- oder abgeliefert werden mussten.

Zwei zentrale Markthallen am Alexanderplatz waren zu versorgen, deren Belieferung zu „chaotischen Verhältnissen“ führte. In der Blütezeit der Kaufhäuser „zwischen 1890 und 1930“ waren letztere wiederum über das gesamte Zentrum verteilt. Mannigfaltige Industrieansiedlungen lagen auch im Zentrum der Stadt und mussten angebunden werden. (Berlin war damals ein HighTech-Zentrum der Welt.)

Die Überfüllung Berlins am Anfang des 20ten Jahrhunderts und vor den „Freiflächenschaffungen“ durch die Bombardierungen des zweiten Weltkriegs lässt sich wohl am besten mit dem heutigen, wuseligen Istanbul vergleichen.

Wie wurde der Problematik der „Überfüllung“ begegnet? Man verlängerte die Schuppen um z.B. „91 Meter“. Man entwarf und baute neue Verteilbahnhöfe. Und man setzte zunehmend Lastkraftwagen (LKW) ein. Schon Mitte der 30er Jahre übernahmen in der Innenstadt LKWs "75% "der Warenlieferungen.

Der riesige Flächenbedarf“ der Güterbahnhöfe und der gleichzeitig gigantische Logistikbedarf der zentralen Stadt führten zu einem unlösbaren Dilemma, welches die Bahn nicht lösen konnte.

In unserer heutigen Welt ist diese Problematik natürlich überwunden. Die Bahn darf dazu nur einen geringen Beitrag leisten. Der Stückgüterverkehr, das Zuliefern eines Pakets wird von LKWs übernommen. Deren Aufenthaltsort ist per GPS metergenau erfasst. Computer steuern die Lieferungen auf die Sekunde genau. Die Lagerhaltung zehntausender Großunternehmen verstopft die Autobahnen und führt in den Städten zu einer permanenten Zermürbung des Asphalts. Dieser Absatz war aber nicht Teil des Vortrags.

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