„Die Krise der repräsentativen Demokratie?“ Das war das
Thema einer wirklich erhellenden, fast einfühlsam geleiteten Diskussionsrunde
in der Berliner Stadtbibliothek.
Auf dem Podium saßen Prof. Massing von der FU Berlin als
Diskussionsleiter, Martin Delius als angenehmer Vertreter der Piratenpartei,
Prof. Jesse von der TU Chemnitz, Katja Kullmann als Autorin und –
wahrscheinlich als – Vertreterin des „kreativen Prekariats“, PD Kerchner von der FU
als wortgewandte Analytikerin und Prof. Roland Roth von der Hochschule Magdeburg
Stendal.
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„Stuttgart 21“, die Demokratiebewegung in den arabischen
Ländern, die Proteste in Israel oder an der Wallstreet, die ab sofort mit
drastischen Geldstrafen belegten unangemeldeten Demonstrationen in Russland
oder die digitale Anarchie in China. Weltweit gärt es. „Die Rettung von Banken
als ultimatives Ziel der Politik“ ist offenbar nur ein Anlass für das Entstehen der
„neuen demokratischen Bewegungen weltweit.“
Und in Deutschland? Wir leben „heute in Deutschland in
einer superrepräsentativen Demokratie.“ Die Vertreter, die der Wahlbürger wählt,
geben ihr eigenes Entscheidungsrecht an weitere Vertreter ab. Im Haushaltsausschuss
sitzt der Haushaltsvertreter der Fraktion. In der Enquetekommission für Xyz
sitzt die Delegierte Frau Zyx. Es herrscht eine „wachsende Zeitnot politischer
Entscheidungsprozesse.“ Und im Rahmen der Europäischen Union ist der “Bedeutungsverlust
nationaler Parlamente“ längst eingetreten. (Allgemein herrscht das TINA-Prinzip, wie unter Schröder.)
Schon in den 70er Jahren wurde eine „Krise der
repräsentativen Demokratie“ beschworen. Damals erhielten CDU und SPD 90% der
abgegebenen Stimmen. Aber „Krisen sind die Bewegungsformen von Demokratie.“ „Demokratien
verändern sich dauernd!“ „Seien Sie entspannt, wenn von Krise die Rede ist!“
„Das Parteiensystem funktioniert … für Parteien sehr gut.“
Die Piratenpartei ist nach der Gründung der Grünen bereits Beispiel „der
zweiten Generation“ für die Anpassungsfähigkeit der repräsentativen Demokratie
in Deutschland.
In den 50er und 60er Jahren gaben die Bürger die Last politischer
Entscheidungen an die Parteien ab. Seitdem hat Deutschland eine „Revolution
tertiärer Bildung“ erlebt. Damals studierten „5% der Bevölkerung“, heute sind
es „50%.“ Parlamentarier handeln „im Namen des Volkes, nicht im Auftrag des
Volkes.“ Das zunehmende „Kompetenzbewusstsein der Bürger" geht einher mit einer
„Legatimationskrise" der repräsentativen Demokratie. Heute sagen in Umfragen „2/3tel der Bevölkerung“, dass „Politik
die Probleme nicht lösen“ kann. 2/3tel der Jungen sagen, dass es „legitim“ sei,
von Parlamenten und Verwaltung exekutierte Entscheidungen zu „torpedieren.“ (Das kann man auch immer gut begründen! Zum Thema "Stuttgart 21" hat die "Süddeutsche Zeitung" mal auf die Minute heruntergerechnet, wann und wie lange Bürger eigentlich Einfluß auf die Baupläne nehmen durften. Letztendlich flog ein Tag so vor sich hin)
Schon heute gibt es einen „Durchbruch der direkten
Demokratie auf lokaler und Landesebene." Es gibt dort Volksbegehren und –entscheide.
Die Argumentation mit „Weimar“ ist „heute lächerlich.“ Unser „System
funktioniert“ und bietet „Minderheitenschutz.“
Die neuen Möglichkeiten des Mitmachens, die das Internet
bietet, sind nicht klar. Man kann Wahlen, wie es das Grundgesetz vorschreibt
aus technischen Gründen „nicht“ abbilden. „Blogs oder Facebook-Kampagnen“
können Bewegungen glücklich und „sehr groß“ werden lassen.
Frau kann aber auch sagen, dass die „Lust an der direkten
Demokratie eine moderne Art begrifflichen Tülls“ ist. Denn letztendlich liegt
die Ursache für dieses eigentümliche, weltweite Rumoren darin, dass „diese
Krise eine Wirtschaftskrise“ ist.
Toller Abend! Und wie sagte Mappus vor seiner Abwahl? "Stuttgart 21 passiert mir kein zweites Mal!"
Und ich habe jetzt ein paar Fragen, die mir schwer und überheblich von den Tasten gleiten! Woran liegt es, dass die USA ständig Länder mit Krieg überziehen? Warum ist "EU-Bashing" in England Tradition? Warum ist Putin Milliardär? Warum wurde Griechenland nach dem Ende der Militärdiktatur von Familienclans regiert?
Kann das am Wahlrecht liegen? Karlsruhe ist gerade an unserem Wahlrecht dran!
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